Von Wladimir Struminski
Es ist still geworden um Ariel Scharon. Nach Auskunft des Hadassah-Krankenhauses in Jerusalem ist sein Zustand unverändert: »ernst, aber stabil«. Auf das Wunder, der alte General möge aus dem Koma erwachen, warten die Israelis nicht mehr. Die Wahrscheinlichkeit, daß es dazu kommt, ist auch nach Ansicht der Mediziner denkbar gering. Wenn die Medien über ihn berichten, sind es Szenen eines Abschieds. Nach der Vereidigung der neuen Regierung, verlegte Ehud Olmert, nunmehr vollwertiger Regierungschef, seinen Sitz ins Ministerpräsidentenamt. Bis dahin hatte er die Amtsgeschäfte aus Pietät von seinem alten Büro im Industrieministerium besorgt. Scharons persönlicher Besitz, darunter viele Bücher, wurde aus den Amtsstuben wie aus der Ministerpräsidentenresidenz im Jerusalemer Wohnviertel Rechawia auf das Familienanwesen Haschikmim im Negev verlegt. Scharons Be-
rater verlassen nach und nach den Regierungsdienst. Selbst sein langjähriger Fahrer hat den schmerzhaften Abschied verinnerlicht: In einem Zeitungsinterview sprach Gilbert Cohen von Scharon als Freund und Vaterfigur im Stil eines Nachrufs. Sogar die Errichtung eines Grabes für Scharon auf der Haschikmim-Farm, neben der Grabstätte seiner Frau Lily ist vom zuständigen Planungs- und Bebauungsausschuß bereits genehmigt worden.
Was jetzt zu tun bleibt, ist die Verlegung des Patienten in eine Pflegeeinrichtung. Wenn das bisher nicht geschehen ist, so aus politischen eher denn aus medizinischen Gründen. »Jeder andere Patient in Scharons Zustand wäre längst verlegt worden«, räumte Hadassah-Direktor Schlomo Mor-Josef ein. Mitten im Wahlkampf wäre dies als eine Einmischung in die Politik ausgelegt worden. Jetzt aber laufen die Vorbereitungen dafür auf Hochtouren. Die Möglichkeit, den Kranken auf seiner Farm pflegen zu lassen, schlugen die Söhne Omri und Gilad, soweit bekannt, aus. Eine Zeitlang war die Unterbringung in der bekannten Reha-Klinik Beit Loewenstein in Raanana im Gespräch. Einem Medienbericht zufolge soll der Ex-Premier schon in den kommenden Tagen auf die Rehabilitationsabteilung des Tel-Haschomer-Krankenhauses bei Tel Aviv kommen. Das Hadassah-Krankenhaus selbst bestätigte gegenüber der Jüdischen Allgemeinen lediglich, die Verlegung werde »bald« stattfinden. Derweil hat der Finanzausschuß der Knesset beschlossen, Scharon dürfe noch fünf Jahre lang auf Staatskosten betreut werden. Ob er diese Zeit ausschöpft, liegt in Gottes Hand.