»Ein Mittel der Kommunikation«
Dieter Graumann über Juwelen, Ärger und eine jüdische Zeitung
Herr Graumann, was bedeutet Ihnen die Jüdische Allgemeine?
graumann: Sie ist ohne Zweifel das publizistische Aushängeschild der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland. Sie ist ein kraftvolles Mittel, um der jüdischen Gemeinschaft in der Öffentlichkeit eine Stimme zu geben. Für mich persönlich noch wichtiger ist aber, daß ich durch die Jüdische Allgemeine das Gefühl bekomme, mit dem, was sich in vielen Gemeinden tut, auch selbst ein Stück verbunden zu sein. Die Zeitung als verbindendes Mittel der Kommunikation nach innen – das nehme ich immer wieder ganz besonders intensiv wahr.
Ist das auch die Rolle, die der Zentralrat der Juden in Deutschland als Herausgeber der Zeitung beimißt?
graumann: Jenseits von ökonomischen Überlegungen geht es doch in erster Linie um Politik. In der politischen Schatztruhe des Zentralrats ist die Jüdische Allgemeine ein wirkliches Juwel. Wie jedes Juwel muß man sie freilich polieren, hegen und pflegen, damit sie auch richtig glänzt. Die Zeitung ist unser Kommunikationsmittel nach außen und innen. Sie ist uns lieb und teuer. Ein bißchen weniger teuer und sogar noch lieber – das wäre dann kaum noch auszuhalten.
Wo würden Sie die Jüdische Allgemeine in der Medienlandschaft einordnen?
graumann: Die Zeitung hat nun mal die Besonderheit, daß sie ein Verbandsblatt ist, mit allen Beschränkungen, die das zur Folge hat. Dennoch ist sie spannend und informativ. Und sie polarisiert auch schon mal. Das sieht man allein daran, daß sich jeder von uns schon einmal über die Jüdische Allgemeine geärgert hat. Eine Zeitung, die einen hin und wieder die Zornesröte ins Gesicht treibt. Aber eine Zeitung, die niemals zornesrot macht, macht blaß und bleibt blaß. Also eine muntere Zeitung, die uns auch ordentlich Feuer gibt.
Wo sehen Sie die Jüdische Allgemeine in 60 Jahren?
graumann: Gute Frage. Ich hoffe, daß sie in sechzig Jahren keine Wochenzeitung mehr ist, sondern sogar eine Tageszeitung. Eine, die von vielen, vielen jüdischen und nichtjüdischen Menschen in Deutschland gelesen und genossen wird. Und eine Auflage von 100.000 Exemplaren hat – mindestens.
Mit dem Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden und Geschäftsführer der Jüdischen Allgemeinen sprach Christian Böhme.