Maccabi Tel Aviv

Ein Klub für Millionen

von Ze’ev Avrahami

Am heutigen Donnerstag empfängt Alba Berlin im Rahmen der Basketball-Euro-
league Maccabi Tel Aviv. Was die Berliner, die keine Chance mehr auf das Erreichen des Viertelfinales dieses Wettbewerbs haben, wahrscheinlich nicht wissen, ist, dass sie es mit einem ganzen Land zu tun haben. Wie kommt es, dass Maccabi praktisch von der gesamten israelischen Bevölkerung adoptiert wurde – über alle Rassen-, Religions- und Geschlechtergrenzen hinweg? Wie kann das Ergebnis eines Basketballspiels die Stimmung in ganzen Land beeinflussen? Und warum sind die Straßen leer gefegt, wenn Maccabi spielt?
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, muss man einige Zeit zurückgehen: ins Jahr 1965, als ein junger jüdisch-amerikanischer Basketballspieler mit der US-Nationalmannschaft zur Makkabiade nach Israel reiste. Tal Brody führte das amerika- nische Team an und holte mit ihm die Goldmedaille. Zurück in den Staaten spielte er für die Illinois University, und obwohl er bei der NBA-Rekrutierung von neuen Spielern an 15. Stelle stand, beschloss er, Alija zu machen. Er wanderte nach Israel aus, und lebt seither dort. In seinem ersten Jahr bei Maccabi führte Brody den Klub zum Endspiel um den Europapokal. Doch seine Leistung geht weit über die Anzahl der Siege und Niederlagen hinaus: Brody brachte Professionalität nach Israel. Er zeigte den anderen Spielern, wie man sich vor dem Spiel aufwärmt und erklärte ihnen die richtige Technik für einen Sprungwurf. Brody machte Basketball in Israel populär. Doch erst 1977 hievte Brody sich und seinen Verein auch in die internationalen Schlagzeilen.
1977 war in der Geschichte Israels ein entscheidendes Jahr. Zum ersten Mal stand eine Rechtspartei an der Spitze der Regierung, und zum ersten Mal stattete ein arabischer Führer, der ägyptische Präsident Anwar al-Sadat, Israel einen offiziellen Besuch ab, wodurch der Friedensprozess zwischen Ägypten und Israel einge- leitet wurde. In diesem Jahr gelangte Maccabi mit sieben amerikanischen Spielern im Team zum ersten Mal in die letzte Runde der Basketball-Europameisterschaft. Maccabi sollte gegen die Mannschaften der Tschechoslowakei und der Sowjet-
union antreten; doch aus politischen Gründen weigerten sich beide Länder, Gastgeber eines israelischen Teams zu sein. Es wurde an, wie es hieß, »neutralen Orten« gespielt: in der belgischen Stadt Virton. Am 17. Februar, drei Tage nach dem Sieg über das tschechische Team, trat Maccabi gegen den Armeesportklub ZSKA Moskau an. In der Umkleidekabine vor dem Spiel verteilte Coach Ralph Klein, ein Holocaust-Überlebender, der später Saturn Köln und die deutsche Nationalmannschaft trainierte, die Aufgaben unter den Spielern. Dann hielt er eine zionistische Rede. Er überzeugte die Spieler, dass es nicht nur um ein Basketballspiel ging, sondern um ein politisches Statement gegen den russischen Riesen, der die Araber unterstützte und sowjetische Juden nicht nach Israel ausreisen ließ. Maccabi, unterstützt von den zahlreich erschienenen Fans in dem kleinen Stadion, schlug ZSKA Moskau überraschend mit 91:79. Nach dem Spiel liefen die Fans zum Spielfeld und trugen Brody auf den Schultern umher. Mit dem Netz eines Basketballkorbes um den Hals und von Champagner triefend, gab Brody ein Interview mit dem israelischen öffentlichen Fernsehen. »Jetzt weiß die Welt, wer wir sind, und das wird auch so bleiben«, sagte ein glücklicher Brody auf Hebräisch mit dickem amerikanischem Akzent. »Nicht nur im Basketballspiel, sondern überhaupt.« Zehntausende Israelis jubelten auf den Straßen, die während des Spiels menschenleer gewesen waren. Auf dem Main Square in Tel Aviv drängten sich die Fans, und viele sprangen vor Freude in den Brunnen. Ein israelischer Entertainer führte die Menge mit einem Lied an, das er aus dem Stegreif geschrieben hatte: »Oh, ah, was ist soeben passiert? ZSKA wurde gerade besiegt.«
Noch im selben Jahr gewann Brody mit seiner Mannschaft nach einem 78:77-Sieg über Belgrad den Europapokal. Der große sowjetische Trainer Alexander Gomelsky meinte nach dem Spiel: »Ein Team aus Asien mit amerikanischen Spielern hat gerade den Europacup gewonnen.« Maccabi war aus der israelischen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken.
Man ging zu Maccabi – um zu sehen und gesehen zu werden. Der damalige Verteidigungsminister Mosche Dajan posierte gern am Spielfeldrand, um den Spielern vor einem Spiel persönlich die Hände zu schütteln. Maccabi wurde zu einem Symbol für Einigkeit und zum Barometer für die Stimmung in Israel. Maccabi gewann 47 Mal die israelische Meisterschaft, zwischen 1970 und 1992 in Folge 23 Mal. Es gewann den Israel-Cup 36 Mal und den Europacup fünf Mal. Maccabi ist der Klub, bei dem jeder junge israelische Basketballspieler spielen möchte. Maccabi füllt seine »Nokia-Arena« regelmäßig mit 11.000 Fans, von denen viele der Mannschaft auch zu Gastspielen ins Ausland begleiten, und hat ein Millionenpublikum, das jedes Spiel zu Hause am Fernsehen verfolgt.
Die Spielerliste von Maccabi Tel Aviv schmückten zahlreiche Namen von Basketballspielern, die später in der NBA spielten, und für Amerikaner, die sich bei ausländischen Vereinen verdingten, wurde Maccabi zum attraktivsten Basketballclub Europas. Tel Avivs amerikanische Kultur, das Essen, die Fernsehshows, die Tatsache, dass jeder Englisch spricht, das herrliche Wetter, die Verehrung der Fans und die hohe Professionalität des Klubs tragen dazu bei, die Stadt für Amerikaner zu einem Anziehungspunkt erster Güte zu machen.
Gegen diesen Klub wird Alba heute Abend spielen. Und für Maccabi Tel Aviv muss ein Sieg her, für Alba, das am Wochenende deutscher Pokalsieger wurde, ist das Spiel bedeutungslos geworden.

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025

Sachsen-Anhalt

Fünf Stolpersteine in Magdeburg gestohlen

Die Tat soll sich am 1. April ereignet haben

 03.04.2025

Gastbeitrag

Vom Schweigen zum Handeln

Das Bayerische Bündnis für Toleranz ist heterogen. Doch beim Kampf gegen Antisemitismus steht es vereint

von Philipp Hildmann  03.04.2025

New York

UN: Hunderte Kinder seit Scheitern der Waffenruhe in Gaza getötet

Unicef-Exekutivdirektorin fordert die Terrororganisation Hamas und Israel auf, dem humanitären Völkerrecht nachzukommen und Kinder zu schützen

 01.04.2025