von Carsten Dippel
Pünktlich zum Gedenktag an die Pogromnacht 1938 ist der Startschuss für eine neue Synagoge in Potsdam gefallen. Seit dem 21. Oktober läuft ein europaweit ausgeschriebener Architektenwettbewerb. Damit wird nach einigen Querelen und vergeblichen Anläufen nun auch die Landes- hauptstadt Potsdam ein jüdisches Gotteshaus erhalten. An gutem Willen und hehren Absichtserklärungen, für die heute 400 Mitglieder zählende Gemeinde eine Synagoge zu errichten, hat es nie gemangelt. Die Finanzierungsfrage hat das Projekt bisher scheitern lassen.
»Jüdisches Leben braucht eine Heimat«, sagt Horst Mentrup, Vorsitzender des Bauvereins Neue Synagoge Potsdam, dessen Initiative sich das Projekt erst verdankt. Dem im Jahr 2005 aus der christlich-jüdischen Zusammenarbeit erwachsenen Verein ist es wichtig, mit diesem Projekt ein Zeichen zu setzen. Am 9. November 1938 hatten Nazis die Inneneinrichtung der alten, am zentralen Wilhelmplatz gelegenen Synagoge zerschlagen. In der Bombennacht am 14. April 1945 wurde das Gebäude schwer beschädigt, die Ruine später auf Geheiß der SED abgerissen. Eine Jüdische Gemeinde existierte nicht mehr. Seit der Wende ist jedoch auch in Potsdam neues jüdisches Leben entstanden.
Der vom Landesliegenschaftsamt ausgeschriebene Wettbewerb lädt nun Architekturbüros in ganz Europa ein, Ideen für eine Synagoge mit Gemeindezentrum zu entwickeln. Bis zu 30 Anträge werden Anfang 2009 dann für die konkrete Entwurfsphase ausgewählt. Im März soll eine Jury die besten sechs Entwürfe für das 1.400 Quadratmeter große Areal mit insgesamt 55.000 Euro prämieren. Die Kosten für das Wettbewerbsverfahren trägt das Land.
Der Bau wird sich auch nach engen städtebaulichen Vorgaben richten müssen, denn die künftige Synagoge wird ihren Platz im Herzen der »Neuen Mitte« Potsdams haben. Das Großprojekt der Landeshauptstadt beinhaltet neben der Wiedererrichtung von Stadtschloss und Garnison- kirche auch den historischen Rückbau ganzer Straßenzüge. Hinter dem alten Marstall, eingebettet von barocken Stadtpalais, steht heute noch der heruntergekommene DDR-Plattenbau, in dem die jüdische Ge- meinde ihre Räume hat. Das Land stellt das Grundstück für eine Neubebauung inklusive Synagoge zur Verfügung, die Abrisskosten trägt die Stadt als Eigentümer.
Wenn alles nach Plan läuft, wird die neue Synagoge 2012 eingeweiht. Offen ist jedoch noch immer die Finanzierung. Bis zum Baubeginn sollen die veranschlagten fünf Millionen Euro durch Spendengelder eingeworben werden. Doch wer trägt später die laufenden Kosten für den Unterhalt des Gebäudes? Die Jüdische Gemeinde wird das kaum leisten können, zumal laut derzeitigem Staatsvertrag dem Landesverband insgesamt nur 200.000 Euro im Jahr zustehen. Horst Mentrup ist dennoch guter Dinge. Immerhin sehe sich das Land in der Verantwortung.
Vladimir Genkin jedenfalls freut sich. Es ist, so der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, ein »guter Anfang«.