von Holger Biermann
Warum jüdisch heiraten? Über dieses Thema sprach Doron Kornbluth, international anerkannter Experte und Berater für Beziehungsfragen, kürzlich im Jüdischen Bildungs- und Familienzentrum in der Münsterschen Straße. Vor rund 60 Zuhörern – vor allem junge Leute im Alter von 20 bis 30 Jahren – warb der gebürtige Kanadier für die Ehe zwischen Juden und begründete dies mit »vier entscheidenden Punkten«.
Punkt eins ist für Doron Kornbluth die Tatsache, dass Ehen zwischen Partnern mit gleicher Religion stabiler sind. Er sagte, es sei in Bezug auf die Ehe schlichtweg falsch zu singen »All you need is love«. »Eine Ehe zu führen, ist anstrengend. Und sie ist noch viel anstrengender, wenn die religiösen Werte des eigenen Partners nicht die gleichen sind«, so Kornbluth.
Man müsse wissen, dass die Religiosität im Laufe des Lebens starken Schwankungen unterliege. »Wir treffen die Leute, die wir heiraten, wenn wir am wenigsten religiös sind und erst mit den Jahren spüren wir immer stärker die Unterschiede.«
Punkt zwei auf Kornbluths Liste sind die Kinder, die jede Ehe nachhaltig verändern. Kindern Werte und Orientierung zu geben, ihnen eine klare Identität zu vermitteln, das falle Eltern viel schwerer, wenn sie unterschiedlichen Religionen angehörten. »Kinder brauchen Halt«, so Kornbluth. »Man sollte sie gar nicht erst vor die Wahl stellen: Feierst du lieber Weihnachten oder Chanukka? Darunter leidet die ganze Familie.«
Punkt drei ist für Kornbluth das Erleben der eigenen persönlichen Religiosität, das bei Ehepartnern mit gleichen Werten und Vorstellungen ungleich intensiver und tiefer ablaufen könne. Kornbluth sagte: »Wir sollten uns rechtzeitig fragen, will ich jemanden heiraten, der einen wichtigen Teil meiner Persönlichkeit nicht voll verstehen kann?« Viele der späteren Probleme könnten verhindert werden.
Dass es auch wichtig für den Fortbestand jüdischer Gemeinschaften ist, wenn Juden unter sich heiraten, ist für Kornbluth Punkt vier. »Wie jede Minderheit in der Welt kämpfen auch wir ums Überleben«, sagte der Buchautor (Why marry jewish) und schob die Zahlen gleich hinterher. So hätten in Nordamerika seit 1985 mehr als 52 Prozent aller Juden außerhalb ihres Glaubens geheiratet (1965 nur zehn Prozent). Statistik, die auch in Berlin manchen Juden besorgt.
Kornbluth selbst bat vor allem darum, seine Ratschläge nicht misszuverstehen. »Das ist kein Rassismus«, betonte er gleich zu Beginn. »Wir stehen nur zu unseren Werten und möchten diese weitergeben. So wie jeder Protestant, jeder Moslem, kein Rassist ist, wenn er sich entscheidet innerhalb seiner Werte zu heiraten.«
Viele Zuhörer zeigten sich auch interessiert, als der Redner anschließend Wege beschrieb, den jüdischen Partner fürs Leben zu finden – per Internet, zum Bespiel, oder durch den Umzug in eine Großstadt, oder durch ganz gezielte Reisen, wie Kornbluth anregte. Viel zu oft gebe es Schwierigkeiten, den richtigen Partner zu finden. »Und doch: Machen sie es zu ihrer wichtigsten Aufgabe. Je länger sie das Thema ignorieren, desto schwerer wird es«, so Kornbluth.
Olga Chepurko, 31, aus Berlin hat ihren Partner schon gefunden. Er ist Jude wie sie und kommt aus Israel. Beide planen zu heiraten, dennoch stand die gebürtige Moskauerin nach Kornbluths Vortrag gleich als Erste am Tisch des Redners, um für 15 Euro ein Exemplar seines Buch zu kaufen. »Er hat mit vielem sicherlich recht«, sagte Olga Chepurko. »Eine stabile Partnerschaft braucht ähnliche Werte und Interessen. Religion ist da ein Pfeiler – wenn auch nicht der einzige.« Das Buch, so erklärte sie, kaufe sie jetzt einfach für Eltern und Freunde. »Darüber denken doch viele Juden nach, immer wieder.«