von Rabbiner Mordechai Bohrer
In unserem Wochenabschnitt Behar – am Berge Sinai befahl G’tt das Gebot der Schmitta. Dabei geht es um sämtliche landwirtschaftliche Tätigkeiten im Heiligen Land, die im Verlauf von sechs Jahren erlaubt, im siebenten Jahr aber verboten sind. Das siebte Jahr heißt Schmitta, ein Schabbatjahr, ein Ruhejahr.
Der Gedanke, das siebente Jahr als Ruhejahr einzuhalten, ist vergleichbar mit dem Einhalten des siebenten Wochentages, des Schabbats, als Ruhetag. G’tt schuf die Welt in einem Zeitraum von sechs Tagen. Am siebenten Tag ruhte er. Der Schabbat ist der heiligste Wert im Judentum. Er ist ein Zeichen des Bundes zwischen G’tt und dem jüdischen Volk und beinhaltet die Anerkennung G’ttes als Schöpfer der Welt und als Erneuerer seiner Schöpfung an jedem einzelnen Tag. Das Ziel des Einhaltens der Schmitta ist der feste Glaube an Gott: Wenn wir die Erde im siebenten Jahr nicht bearbeiten, dann verlassen wir uns darauf, dass G’tt uns im Verlauf des siebenten und achten Jahres nicht hungern lassen wird. Dieses Jahr 5768 ist im Heiligen Land ein »Schmitta«-Jahr. Bei diesem Gebot wird ausnahmsweise der Ort genannt, an dem es Mosche von G’tt übergeben wurde: der Berg Sinai. Damit stellt sich die berühmte Frage: Welche Bedeutung hat hier die Erwähnung des Sinai, und in welchem Zusammenhand steht sie mit dem Gebot?
Folgendes wird hierzu ausgeführt: Wie das Gebot der Schmitta, mit all seinen Gesetzen und Ausführungen am Berge Sinai übergeben wurde, so wurden auch alle anderen Gebote dort übergeben, auch wenn dieser Ort bei ihnen nicht erwähnt wird. Dann aber ist zu fragen, warum gerade das Gebot der Schmitta ausgewählt wurde, um als Beispiel und Symbol für die anderen Gebote zu dienen. Hierauf wird geantwortet: Weil sich das Gebot der Schmitta auf das Heilige Land bezieht und das Land dem jüdischen Volk als Lohn gegeben wurde. G’tt belohnte uns nämlich für unsere Bereitschaft, die Tora zu halten, als das ganze Volk am Berge Sinai antwortete: »Naasse Wenischma« – zuerst tun wir sie, und später erst möchten wir auch verstehen. Im Zusammenhang von Heiligem Land und Tora wird der Ausdruck »Morascha«, auf Deutsch Vererbung, erwähnt. Das Wort Morascha begegnet im 2. Buch Moses 6,8 in Bezug auf das Heilige Land, im 5. Buch Moses 33,4 in Bezug auf die Tora. Dabei sind die Tora und das Heilige Land als Erbstücke keine statischen Werte, sondern sie werden an uns vererbt durch unsere ständige aktive Erziehung zum jüdischen Leben und zur jüdischen Eigenart. Nun ist der Zusammenhang und die Bedeutung des Dreiecks deutlich: Volk, Land und Tora. Folglich ist es seit der Offenbarung am Berg Sinai unser Streben und unser Ziel, diese drei Kettenglieder zu vereinen, von denen jedes einzelne für das Ganze steht.