»Doping
ist Betrug«
Chaim Z. Rozwaski über Spritzen, Sport und jüdisches Recht
Herr Rabbiner, prominente Rennradfahrer machen derzeit mit Dopinggeständnissen Schlagzeilen. Auch in anderen Sportarten scheint es nicht mehr ohne Pillen und Spritzen zu gehen. Was sagt das jüdische Recht zum Doping?
rozwaski: Erst einmal geht es um den Sportler, der verbotene Mittel einnimmt: Er beeinflusst seinen Körper, ist für eine bestimmte Zeit in gewisser Hinsicht ein anderer Mensch. Das ist nach jüdischem Recht verboten. Zu-
dem geht es um die Mitbewerber. Ohne die verbotenen Mittel hätte der Sportler die Höchstleistung nicht erbracht. Das ist keine Chancengleichheit, das ist Betrug. Dem Sport liegt doch ein bestimmtes Konzept zugrunde: Wir wollen zeigen, wie viel der menschliche Körper erreichen kann. Wir wollen wis-
sen, wie schnell, hoch und weit wir kommen können, mit den natürlichen Voraussetzungen, die uns Gott gegeben hat. Das ist die Schönheit des Sports. Nicht das Doping.
Was ist mit dem gesundheitlichen Risiko?
rozwaski: Das ist ein wichtiger Punkt: Do-
ping kann zu dauerhaften Gesundheitsschäden führen, die verbotenen Substanzen können auch lebensgefährlich sein. Die Tora sagt uns, dass wir unseren Körper und Geist hüten und schützen sollen: »Wenischmartem meod LeNafschotechem«. Wer Dopingmittel zu sich nimmt, tut das Gegenteil.
Gilt das nur für den Sport? Es gibt zum Beispiel auch Chassidim, die mit Drogen versuchen, andere Ebenen des Bewusstseins zu erreichen.
rozwaski: Das kommt vielleicht in Sekten vor. Aber im normativen Judentum ist es verboten.
Sollten Sportler, die gedopt haben, bestraft werden?
rozwaski: Dabei wäre es wichtig zu wissen, wie viel Schaden sie sich selbst und anderen zugefügt haben. Das ist nicht einfach zu beurteilen. Aber ich denke, dass etwas nicht gültig ist, was man mit Betrug erreicht hat. Also Medaillen oder Titel, die nur unter Doping erreicht wurden, müssten die Sportler zurückgeben.
Mit dem Berliner Gemeinderabbiner und Doktor des jüdischen Rechts sprach David Kauschke.