biografie

Diener zweier Herren

Seinen Namen kennen heute nur noch Historiker oder Angehörige der älteren Generation. Keine Straße ist nach ihm benannt, er wurde schon vor seinem Tode im Jahre 1973 totgeschwiegen. Dabei hat er als »zweiter Mann im Staat« die junge Bundesrepublik entscheidend mitgeprägt: Hans Globke, langjähriger Leiter des Bundeskanzleramtes unter Konrad Adenauer und Graue Eminenz der Bonner Republik. Für alle, die den Muff der ersten eineinhalb Jahrzehnte Westdeutschlands nicht miterlebt haben oder die sich noch einmal schütteln wollen, wenn sie sich erinnern, ist die Globke-Biografie von Jürgen Bevers eine interessant geschriebene, inhaltlich quälende Pflichtlektüre.
Der 1898 in Düsseldorf geborene Hans Maria Globke trat nach juristischem Studium und Promotion 1929 als Regierungsrat in das Preußische Ministerium des Innern ein, das 1934 mit dem Reichsinnenministerium vereint wurde. Hier machte Globke Karriere. Zu den Nürnberger Gesetzen von 1935, mit denen Juden in Deutschland auch juristisch zu Menschen zweiter Klasse degradiert wurden, schrieb er den verbindlichen regierungsamtlichen Kommentar. Globke sorgte für Recht und Ordnung im Unrechtsstaat. Bevers zählt die zahlreichen, an immer höherer Stelle ansetzenden Aktivitäten Globkes im NS-Staat auf, wobei er gewissenhaft zwischen gesicherten und später nur behaupteten Tätigkeiten unterscheidet.
Nach dem Krieg empfahlen katholische Kreise den Spitzenjuristen an Konrad Adenauer weiter, der an dem hochintelligenten Mann mit dem phänomenalen Gedächtnis Gefallen fand und ihn – nachdem Globke sich durch entsprechende, von Glaubensgenossen und Kollegen ausgefertigte »Persilscheine« vom Schreibtischtäter zum Widerstandskämpfer verwandelt hatte – an seine Seite holte. Der einstige hohe NS-Beamte wurde Chef des Bonner Kanzleramts, zuständig unter anderem für die neu entstehenden Geheimdienste. Er erledigte für Adenauer als CDU-Vorsitzenden auch delikate Aufgaben innerhalb der Partei, wie die Verwaltung der damals noch nicht gesetzlich geregelten Spenden von der westdeutschen Industrie. Im Kalten Krieg war Globke mit seiner Biografie eine bevorzugte Zielscheibe groß angelegter Kampagnen aus der DDR, die aber we-gen des in der Bundesrepublik herrschenden Antikommunismus eher das Gegenteil ihrer Intention bewirkten. Erst als Konrad Adenauer am 15. Oktober 1963 als Bundeskanzler zurücktrat, ging mit ihm auch sein getreuer Globke.
Hans Maria Globke, Spitzenbürokrat im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, war das prominenteste Symbol einer Ära, in der schwer belastete Beamte und Richter aus der Nazizeit wieder in Schlüsselstellungen gelangten. Er selbst hat diese Zeit maßgeblich gestaltet, als Garant für deren konservative Startformation. Der Autor beschreibt diese Formation – vielleicht etwas überpointiert – als informelle strategische Koalition aus politischem Katholizismus sowie aus der Deckung getretenen NS-Funktionseliten unter dem gemeinsamen Kampfziel des Antikommu- nismus. Das Panorama macht einen nachträglich frösteln. Harald Loch

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025