Herr Heuberger, die Claims Conference geht mit einer Vier-Millionen-Schekel-Klage gegen die im Mai in Israel ausgestrahlte TV-Dokumentation »Moral der Wiedergutmachung« vor. Will Ihre Organisation Journalisten mundtot machen?
heuberger: Gerade in Israel müssen wir uns über die Freiheit der Presse keine Sorgen machen. Doch wir können es nicht hinnehmen, dass die Filmemacher vorsätzlich das Ansehen, das die Claims Conference mit ihrem Engagement für die Überlebenden des Holocaust in den vergangenen sechs Jahrzehnten erworben hat, mit Lügen und Verleumdungen nachhaltig beschädigen.
Die Dokumentarfilmer Orly Vilnai-Federbush und Guy Meroz sprechen von Fakten. Sie nennen das Lügen?
heuberger: In der Tat, wenn man eine seriöse Dokumentation beabsichtigt hätte, so wäre das dank der umfassenden Kooperation der Claims Conference möglich gewesen. Wer wider besseres Wissen gegen den Ehrencodex des journalistischen Berufsstandes verstößt und andere schädigt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, insbesondere wenn die in Israel lebenden NS-Opfer betroffen sind. Im Fall eines positiven Richterspruchs werden wir die vier Millionen Schekel deshalb auch für israelische Holocaust-Überlebende einsetzen.
Wird hier nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen?
heuberger: Die Wirkung des Films, der am Vorabend von Jom Haschoa gezeigt wurde, war verheerend. Er hat Überlebende verunsichert und verängstigt. Die Claims Conference zahlt derzeit fast 25.000 Beihilfen in Israel aus, viele Tausende israelische NS-Opfer erhalten über Sozialagenturen, die von der Claims Conference gefördert werden, Maßnahmen der häuslichen Pflege. Da mussten die Leistungsempfänger doch glauben, dass ihre Beihilfen nicht mehr sicher sind. Das haben die Autoren wissentlich in Kauf genommen, indem sie die Organisation mit massiven Vorwürfen überhäuften, sie des Betrugs und der Unterschlagung bezichtigten.
Wie wollen Sie verhindern, dass eine solche öffentlichkeitswirksame Klage nicht den Beklagten moralisch zugute kommt?
heuberger: Ich gebe Ihnen recht, die beiden Filmemacher sind Experten in der Vermarktung ihrer Meinungen und ihrer selbst. Aber wenn es wie hier um die Beurteilung unserer Arbeit vor der Geschichte geht, will und kann die Claims Conference den Filmemachern nicht das letzte Wort überlassen.
Mit dem Repräsentanten der Claims Conference sprach Detlef David Kauschke.