von Andreas Wildhagen
Kanzlerin Angela Merkel mag den amerikanischen Präsidenten, sie behandelt ihn wie einen Bruder, mit dem man nicht immer, aber häufig klarkommt. Wie bei einer echten Schwester steckt hinter ihren Gesten oft eine Prise Berechnung. Bush erwidert die Sympathie: Er lässt sie im Jeep auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Eine Idylle? US-Regierungskreise betonen immer wieder, wie wichtig die deutsche Beteiligung an der Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Drucks auf den Iran ist. Merkel hat sich bereits als knochenharte Politikerin erwiesen, wenn es auch zum Merkel-Stil gehört, im Inland sehr sanft für eine vielleicht bald bevorstehende UN-Resolution gegen den Iran zu werben. Sie wolle mit der deutschen Wirtschaft »darüber sprechen«. Ein wenig drohte sie auch damit.
Schon jetzt fürchten deutsche Unternehmen, der Nähe zum iranischen Regime bezichtigt zu werden. Nichts wäre schlechter für das Geschäft, als mit Lieferungen nach Teheran in die Schlagzeilen zu geraten. Deutsche Unternehmenschefs sind jetzt schon bemüht, Iran aus dem Niederlassungsverzeichnis zu streichen. Nur einzelne iranische Handelsvertreter will man nicht vergrätzen. Beschworen werden die fast schon jahrhundertealten Beziehungen in die Region – und vor allem der Geschäftssinn der Franzosen, denen man den Markt nicht allein überlassen will. MAN hat nur einige Vorführwagen im Iran, beteuert der Konzern. Man wolle schließlich nicht Renault das gesamte Terrain überlassen, heißt es hinter vorgehaltener Hand.
Niemand weiß, wer in zehn Jahren in Teheran das Sagen hat, ob die deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen dann wieder problemlos aufgenommen werden. Aber in der Gegenwart schrumpfen die deutschen Exporte in den Iran. Um 18 Prozent reduzierten sie sich in diesem Jahr auf 1,9 Milliarden Euro. Das ist in der Welt der Volkswirte so gut wie gar nichts. Der deutsche Gesamtexport im ersten Halbjahr betrug immerhin 485 Milliarden Euro.
Wenn sich die deutsche Wirtschaft nicht auf einen wie auch immer gearteten Kodex im Umgang mit Teheran einigt, dann wird es auch schwer für das Geschäft mit den USA. Das macht zwar nur sieben Prozent der deutschen Gesamtexporte aus. Aber Amerika beherrscht nun einmal die Global Community. Das musste ThyssenKrupp erfahren, als US-Vertreter der Konzernleitung deutlich machten, dass sie mit ihrem damaligen iranischen Großaktionär keinen Blumentopf auf dem US-Markt gewinnen können. Die Kruppianer kauften ihre Iran-Großaktionäre aus alten Schah-Zeiten heraus, um in den USA bei öffentlichen Aufträgen künftig nicht gemieden zu werden.
Ganz so heiß muss die Suppe nicht immer gegessen werden. Kanzlerin Merkel wird mit mildem Druck auf hiesige Unternehmen versuchen, sie auf eine UN-Resolution einzuschwören. Sie könnte sich aber auch als Hardlinerin erweisen, wenn sie die staatlichen Hermesbürgschaften für Iranexporte einfrieren sollte. Das wäre nicht nur ein Symbol, das wäre ein kleiner Sieg für Bush, der Deutschland in der Außenpolitik gern auf seiner Seite hätte.
Merkel ist in einer Diktatur groß geworden. Daher ist ihr Eintreten für Menschenrechte und Moral glaubwürdig, was sich an ihrem Treffen mit dem Dalai Lama zeigt. Der chinesische Markt ist schließlich viel wichtiger als der iranische. Doch ganz umsonst will Merkel das auch nicht tun. Ein deutscher Sitz im Sicherheitsrat müsste schon drin sein, so das Kalkül der Kanzlerin. Im Klub der Mächtigen würde sich Frau Merkel ganz wohl fühlen. Dass sie Ellbogen hat, zeigte sie bereits. Sanktionen gegen den Iran würden der deutschen
Wirtschaft eher nützen – ebenso wie Angela Merkel