1946 haben sie in München geheiratet, jetzt feierten sie hier ihr 60jähriges Ehejubiläum: Ruth und Gershon Gottlieb. Unter der Chuppa hatte ihnen seinerzeit Rabbiner Aaron Ohrenstein den Segen für ihren Lebensbund gegeben, diesmal sprach Rabbiner Steven Langnas einige Worte.
Organisiert hatten die kleine Feier im Café Bracha der Keren Hayesod (KH) Vereinigte Israel Aktion München und die Autorin Miriam Magall, die das Jubelpaar noch aus der gemeinsamen Heidelberger Zeit kennt. Dort hängt heute Gershon Gottliebs umfangreicher Bilderzyklus, den er der Jüdischen Gemeinde zum Geschenk gemacht hatte.
Trotz dieser Verbindung zog es die Gottliebs zur Feier der Diamantenen Hochzeit nach München. Mit dieser Stadt und mit der hiesigen Kultusgemeinde verbindet die beiden Schoa-Überlebenden der Mut zu einem Neuanfang in Deutschland.
Kennengelernt hatten sich die beiden in Altötting. Gershon Gottliebs Cousin Schlomo, so erzählte der Jubilar, der damals im dortigen DP-Lager lebte, hatte ihn zufällig mit Ruth Brusguls zusammengebracht, einem jungen Mädchen, das vor dem Einmarsch der Sowjets von Lettland geflüchtet war. Sie arbeitete damals in einer Konditorei in der Nähe des Lagers. Es war Liebe auf den ersten Blick. Nach einem bürokratischen Hürdenlauf, um die notwenigen Papiere zu bekommen, heirateten die beiden. »Und wir sind noch bis jetzt unzertrennlich«, betonte Gottlieb. Seine Frau bestätigt dies mit einem Nicken.
Als Hochzeitsfestessen, so erinnerten sie sich, gab es eine Riesenportion Lokschen, zu deutsch Nudeln, und zwei Tassen Nescafé zum Nachtisch. Und die beiden fühlten sich, »etwas gelöst, mutig, kräftig genug, den Sprung in die ungewisse Zukunft wagen zu können«, wie Gottlieb in seiner kurzen Ansprache sagte.
Heute wünschen sich die beiden, die jetzt in der Nähe von Freiburg leben, daß sie die lange gemeinsame Zeit »noch ›a bissele‹ verlängern« dürfen.
Wie dankbar sie für diese Zeit sind, drückten sie in einer Spende an Keren Hayesod aus – für jedes gemeinsame Jahr hundert Euro. David Leschem von Keren Hayesod München bedankte sich und kündigte an, mit dem Geld kriegsgeschädigte Kinder aus dem Norden Israels ins Landesinnere zu bringen.
Hatte die Hochzeitsgesellschaft seinerzeit gerade einmal aus dem jungen Paar, dem Rabbiner und zwei Trauzeugen bestanden, so waren diesmal mehr als ein Dutzend Menschen zusammengekommen. Vorwiegend waren es ebenfalls Holocaust-Überlebende, wie das Ehepaar Wasserstein.
Isak Wasserstein hielt eine kurze Ansprache, in der er auf die Lebenswege seiner Generation einging. Ein weiterer Gast war Karl Rom, der, wie Gershon Gottlieb, im Außenlager Kaufering bei Landsberg die letzten Tage als KZ-Häftling erlebt hatte. Anläßlich der München-Reise besuchte das Ehepaar dieses Lager nach mehr als 60 Jahren. Miryam Gümbel
Diamantene Hochzeit