Zurückgeben ist eine schwierige Übung. Erst recht, wenn das Gut verbrecherisch enteignet wurde. Die 1994 gegründete Stiftung »Zurückgeben« will alljährlich durch Stipendien für jüdische Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen ein wenig Unrecht wiedergutmachen.
Rund 15.000 Euro steht der Stiftung in diesem Jahr zur Verfügung. Um finanzielle Unterstützungen in Höhe von 1.000 bis 11.000 Euro können sich jüdische Wissenschaftlerinnnen und Künstlerinnen bewerben. Die Projektvorschläge müssen bis zum 30. September bei der Stiftung eingereicht werden. Eine Jury entscheidet bis Ende des Jahres über die Vorschläge. Kriterium ist die künstlerische oder wissenschaftliche Qualität der Projekte.
Antragsformulare für die Stipendienvergabe sind im Internet als Pdf-Datei herunterzuladen. Darin werden Kontaktdaten, Bezüge zum Judentum und eine Beschreibung des geplanten Projekts erfragt. Seit 1995 wurden bereits 50 Frauen von der Stiftung unterstützt. Unter ihnen die Autorin Erica Fischer für ihr Buch Starke Nerven – Geschichte einer widerständigen Wiener Familie und die Hamburger Publizistin Viola Roggenkamp für den Roman Familienleben.
Symbolisch erhielten sie zurück, was ihren Eltern und Großeltern widerrechtlich genommen wurde. Damit begründet die Stiftung ihre Initiative. Die Idee geht auf Hilde Schramm, die Tochter von Hitlers Architekten Albert Speer zurück. Sie hatte von ihrem Vater Bilder geerbt, die dieser 1933 bis 1943 auf dem Kunstmarkt erworben hatte. Hilde Schramm ging davon aus, dass es sich um Güter handelte, die durch Verkäufe vor erzwungenen Emigrationen auf den Markt kamen oder um enteigneten jüdischen Besitz oder Kunstwerke, die weit unter dem Handelswert er- worben wurden. Sie hatte die Idee, den Erlös aus dem Verkauf der Bilder für eine persönliche Förderung von Nachkommen der Geschädigten zu verwenden.
Wie sie hatten sich auch andere nichtjüdische Frauen gefragt: »Wie kamen unsere Eltern, Großeltern und andere Verwandte zwischen 1933 und 1945 an ihre Grundstücke? Woher stammt unser Vermögen? Von der Entrechtung, Enteignung, Vertreibung jüdischer Bürger profitieren viele Deutsche direkt oder indirekt heute noch«, sagten sich einige jüdische und nichtjüdische Frauen und gründeten die Stiftung.
Doch die Stiftung muss um ihre Spenden kämpfen. Die Psychologieprofessorin Birgit Rommelspacher, eine ihrer vier Gründerinnen, erklärt sich die Spendenzurückhaltung folgendermaßen: »Bei einer Spende für die Stiftung Zurückgeben bin ich nicht in der Rolle des großzügigen Wohltäters, sondern ich zahle etwas zurück, was Deutsche sich genommen haben.« Mit dem Geben eines Beitrags für die Stiftung sei die Übernahme von Verantwortung verbunden, vor der sich viele Menschen scheuten. In den vergangenen Jahren kamen jährlich etwa 15.000 bis 20.000 Euro zusammen. Heide Sobotka
www.stiftung-zurueckgeben.de