EILMELDUNG! Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehle gegen Israels Premier Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Gallant

Schimon Peres

Die Krönung

von Friedrich Schreiber

Letztendlich, im Alter von 83 Jahren, hat es Schimon Peres doch noch geschafft, eines der beiden höchsten politischen Ämter Israels zu erringen. Am 13. Juni 2007 wählte ihn die Knesset mit überwältigender Mehrheit zum Präsidenten des Staates –eine späte Ehrung und Würdigung für den sozialdemokratischen Staatsmann, der seine politischen Sporen als Falke unter den Fittichen von David Ben Gurion verdiente und sich unter Jitzchak Rabin als Friedenspolitiker profilierte. Fünfmal unterlag Peres einer Front rechtszionistischer, religiöser und orientalisch-jüdischer Politiker: als Ministerpräsident gegen Menachem Begin, Jitzchak Schamir und Benjamin Netanjahu, als Staatspräsident gegen Mosche Katsav. Auch Parteifreund Rabin versperrte ihm zweimal den Weg an die Macht. Er verachtete Peres mehr als er ihn schätzte.
Schimon Peres gehört der zweiten Generation sozialdemokratischer Staatsmänner an, die nach David Ben Gurion und Golda Meir die Geschicke des Staates Israel be-stimmten. Ihm haftete jedoch nicht – wie Mosche Dayan, Eser Weizman oder Rabin – der Stallgeruch des Sabres an, der in Eretz Israel geboren wurde und in der Hagana und in Zahal seine militärischen und politischen Sporen verdiente. Peres’ Eltern kamen nicht mit der Zweiten oder Dritten Alija (vor und nach dem Ersten Weltkrieg) in das osmanische beziehungsweise britische Palästina, sondern erst im Jahre 1934, mit der fünften Alija. Schimon war schon elf, als er die Tore Zions betrat.
Auch ohne Dajans und Rabins Meriten in der Hagana und ihrer elitären Kommandotruppe Palmach machte Peres im militärischen Sektor eine frühe Karriere. Im Un-abhängigkeitskrieg holte Ben Gurion, erster Ministerpräsident und Verteidigungsminister Israels, den emsigen Jungsozialisten-Chef für organisatorische und diplomatische Aufgaben in die Militärzentrale. Peres machte sich bei der Beschaffung von ausländischen Waffen verdient. Wenige Jahre nach der Staatsgründung ernannte Ben Gurion den erst 30-Jährigen zum Generaldirektor des Verteidigungsministeriums. In dieser für Israels Sicherheit vitalen Rolle beschaffte Peres die französischen Kampf-jets, die für den israelischen Sieg im strategisch wichtigen dritten Nahostkrieg von 1967 ausschlaggebend waren, und die französischen Lieferungen für den Atomreaktor von Dimona, der für die Abschreckungsstrategie Israels wesentliche Bedeutung hat. Die Verhandlungen mit Franz Josef Strauß über deutsche Waffenlieferungen führte Peres ganz persönlich. Von Ben Gurion lernte Schimon Peres nicht nur das Geschäft der diplomatischen Absicherung Israels nach außen, sondern auch die Abstützung der sozialdemokratischen Machtpo- litik nach innen durch ein strategisches Bündnis mit den religiösen Parteien. Ben Gurions kompromissbereite Status-quo-Politik mit den orthodoxen und ultraorthodoxen Parteien während der Gründerzeit des Staates war später auch für seinen Schüler ein wichtiges Element seiner Koalitionspolitik. Nach außen ein Falke, nach innen eine Taube: Das war Peres’ Devise als Regierungschef.
Ins Zentrum der israelischen Politik rückte Peres im Jahre 1974, nach dem Ende des Jom-Kippur-Krieges, der zum Rücktritt von Ministerpräsidentin Golda Meir führte und auch die Macht der ständigen Regierungspartei Mapai ins Wanken brachte. Im parteiinternen Kampf um die Nachfolge siegte Rabin über Peres. Er musste sich mit der zweiten Rolle als Verteidigungsminister begnügen. Als dann aber Rabin kurz vor der Knessetwahl im Mai 1977 wegen einer Lappalie zurücktrat und seinem erbitterten Herausforderer die Führung von Partei und Regierung überließ, schlug Peres‹ erste historische Stunde. Doch Peres scheiterte. Mit Likudchef Menachem Begin kam erstmals die israelische Rechte an die Macht, die mit ihrer Siedlungspolitik in den besetzten Palästinensergebieten die politische Landkarte des Nahen Ostens massiv veränderte. Ben Gurions Sozialdemokraten erholten sich nie mehr von diesem Debakel.
Was Peres nicht gelang, schaffte sein jahrzehntelanger Parteifeind Rabin in der Knessetwahl vom Juni 1992. Nachdem das israelische Volk durch die palästinensische Intifada am Erfolg der Likudpolitik zweifelte, gelang es dem ehemaligen Generalstabschef mit seinem Hardliner-Image, in die Ära der Likud-Herrschaft eine Bresche zu schlagen. Ministerpräsident Rabin und Außenminister Peres wurden nach leidvoller Vergangenheit ein erfolgreiches Team, das über den bisherigen Schatten israelischer Palästinenserpolitik sprang und mit PLO-Chef Arafat ein Autonomieabkommen vereinbarte, das auch die Friedensperspektive eines Palästinenserstaates enthielt. Peres leitete mit dem Einverständnis Rabins die Geheimverhandlungen von Oslo. Dafür erhielten er, Rabin und Arafat den Friedensnobelpreis.
Der »Oslo-Prozess« scheiterte, als die brutalen Terrorangriffe von Hamas und Dschi-had auf zivile Opfer die israelische Bevölkerung ins rechte Lager trieben. Umgekehrt blockierte die Hetzkampagne der messianischen Siedlerbewegung, die in der Ermordung Rabins gipfelte, dessen Friedenspolitik. Es ist tragisch, dass sich Peres ausge rechnet durch die Ermordung seines ewigen Parteirivalen noch einmal eine historische Chance bot, als Ministerpräsident direkt gewählt zu werden – mit einem deutlichen Votum für die Vollendung der Nahost-Friedenspolitik. Doch Peres zögerte zu lange mit dem Wahltermin. Die Empörung des Volkes über den Rabinmörder hatte sich schon gelegt, als Peres im Mai 1996 ein zweites Mal eine Schicksalswahl verlor, diesmal an den neuen Likudchef Netanjahu.
Peres’ politische Tage schienen nach dem Fiasko gegen Netanjahu schon gezählt. Im Jahre 2001 suchte er durch den Übertritt in die Kadima-Partei seines einsti-gen Gegners Scharon neue politische Ufer. Scharon gab ihm ein Entwicklungsminis-terium für die Provinzen Galiläa und Negev, Scharons Nachfolger Ehud Olmert das geliebte Außenministerium. Jetzt öffnete der Vorwurf der Vergewaltigung gegen den bisherigen Staatspräsidenten Katsav für Schimon Peres den Weg ins höchste Staatsamt.

Der Autor war von 1988 bis 1997 Nahost-Korrespondent der ARD in Tel Aviv.

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