Hoffnung

Die Krise nach dem Krieg

von Wladimir Struminski

Wäre es nach der israelischen Regierung gegangen, hätte der Krieg gegen die Hisbollah das Gesicht des Nahen Ostens geändert, und zwar zu Israels Gunsten. In Wirklichkeit ist es aber Israels politische Landschaft, der eine Neugestaltung bevorstehen könnte. Gegenwärtig konzentriert sich der innenpolitische Kampf auf die Einsetzung einer staatlichen Untersuchungskommission. Einer Umfrage zufolge befürworten sieben von zehn Israelis diesen Schritt. Die Regierung hat die Möglichkeit, das Ansinnen zu blockieren und hat dies auch versucht. Verteidigungsminister Amir Peretz begnügte sich in der vergangenen Woche mit der Ankändigung, eine »Prüfungskommission« unter Vorsitz des ehemaligen Generalstabschefs Amnon Lipkin-Schachak einberufen zu wollen. Das kam beim Volk wie in den Medien schlecht an, verfügt doch eine Prüfungskommission über keine gesetzlich anerkannten Befugnisse. Ihren Empfehlungen kommt kein allzu großes Gewicht zu. Im Regelfall werden Prüfungskommissionen zur Ausleuchtung technischer Pannen eingesetzt, etwa nach einem schweren Bahnunglück, nicht aber nach einem fehlgeschlagenen Waffengang. Also wird sich Ministerpräsident Ehud Olmert wahrscheinlich dem Druck beugen müssen. Bauminister Meir Schitrit hat ihm bereits dazu geraten.
Tut Olmert es nicht, könnte es ihm wie Menachem Begin nach dem ersten Libanonkrieg 1982 ergehen: Nach dem von christlichen Milizen unter Israels Augen began- genen Massaker an palästinensischen Zivilisten erzwangen anhaltende Massenproteste die Einsetzung einer Untersuchungskommission. Ein solches Gremium würde die Spielregeln grundlegend ändern. An seiner Spitze steht ein Richter, meist ein amtierendes oder pensioniertes Mitglied des Obersten Gerichtshofs. Es darf Zeugen vorladen. Offiziell sind die Empfehlungen zwar unverbindlich, doch kommt ihnen hohes moralisches Gewicht zu. 1983 mußte Ariel Scharon auf Empfehlung der Untersuchungskommission als Verteidigungsminister zurücktreten.
Oppositionspolitiker, allen voran der Likud-Vorsitzende Benjamin Netanjahu, verlangen, die jetzt geforderte Kommission mit einem weitreichenden Mandat auszustatten, das nicht nur die Fehler der Armee, sondern auch die der Regierung untersucht. Bei einer Überprüfung der Regierungsarbeit wird die Kommission eine Zeitspanne von mehreren Jahren und damit die Regierungszeit des bis 2005 regierenden Likud zu betrachten haben. Für die Öffentlichkeit entscheidend werden aber Anschuldigungen an das jetzt in der Verantwortung stehende Kabinett sein. Ordnete die Regierung einen Krieg an, ohne sich ausreichend über die Erfolgsaussichten informiert zu haben? Ließ sie sich vom Generalstab Alternativen vorlegen und hat sie diese geprüft? Warum wurde der Kriegsbeschluß ohne ausführliche Aussprache gefaßt? Diese Fragen beschäftigen jetzt schon die Medien. Sie dürften auch für die Untersuchungskommission von Interesse sein.
Von deren Schlußfolgerungen erhoffen die Likud-Strategen verstärkten Druck auf die Regierung, im Ergebnis sogar Neuwahlen. Angesichts der Umfragen dürfte sich Likud- und Oppositionschef Benjamin Netanjahu gute Chancen auf den Einzug ins Ministerpräsidentenamt ausrechnen. Wären heute Wahlen, käme Olmerts Kadima-Partei auf weniger als 20 Mandate gegenüber 28 in der jetzigen Knesset. Die Ar- beitspartei würde von 21 auf zwölf Mandate stürzen. Der Mitte-Links-Block, einschließlich der arabischen Parteien, käme auf weniger als 50 der 120 Knessetsitze. Damit wäre den rechten und religiösen Parteien eine bequeme Mehrheit sicher.
Wenn die Regierung nicht stürzt, ist sie dennoch schwer angeschlagen. Knesset-Präsidentin Dalia Itzik forderte Olmert auf, ein Kabinett der nationalen Einheit unter Einschluß des Likud zu bilden. Das Notkabinett, so Kadima-Kollegin Itzik, soll Israel auf den nächsten Krieg vorbereiten. Der jetzigen Regierungsmannschaft traut die Spitzenparlamentarierin diese Aufgabe offenbar nicht zu.
(Porträt von Armeechef Dan Chalutz: S. 4)

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Dezember bis zum 2. Januar

 23.12.2024

Debatte

Schweden stoppt Unterstützung von UNRWA

Hintergrund des Schrittes ist die Entscheidung Israels, der UNRWA wegen ihrer Verwirklichung in den palästinensischen Terror jegliche Tätigkeit auf israelischem Territorium zu untersagen

 20.12.2024

Kunst

Leitung der documenta 16 wird heute bekanntgegeben 

Wer wird die nächste documenta kuratieren? Die Findungskommission der für 2027 geplanten Schau will ihre Entscheidung jetzt bekanntgeben

von Nicole Schippers  17.12.2024

Nach Assad-Sturz

Libanesischer Politiker ruft Landsleute zur Rückkehr auf

Im von zahlreichen Krisen geplagten Libanon herrscht neue Zuversicht. Nach den Worten eines wichtigen Politikers ist die Weihnachtsfreude in diesem Jahr gar »doppelt so groß«

 17.12.2024

Berlin

Chanukka-Basar in der Synagoge Pestalozzistraße: Kuchen, koscherer Glühwein und ein Bühnenprogramm

Am Sonntag findet der Basar im Innenhof der Synagoge statt. Es gibt ein vielfältiges Bühnenprogramm. Auch die »The Swinging Hermlins« werden auftreten

von Christine Schmitt  13.12.2024

Thüringen

Mario Voigt mit Stimmen der Linken zum Ministerpräsident gewählt

Der CDU-Politiker brauchte nur einen Wahlgang

 12.12.2024

Antisemitismus

RIAS: AfD ist eine Gefahr für Juden in Deutschland

Die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus präsentierte auch neue Zahlen zu antisemitischen Vorfällen

 11.12.2024

Amsterdam

Nach antisemitischer Hetzjagd: Haftstrafen für drei Angeklagte gefordert

Einen Monat nach den Übergriffen stehen nun sieben Menschen vor Gericht

 11.12.2024

Brandenburg

Antisemitismusbeauftragter fordert Priorisierung der Bildungsarbeit

Auch die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Menschen müsse gewährleistet werden, sagte Büttner

 10.12.2024