von Wladimir Struminski
Jigal Amir sitzt seit zehn Jahren in Haft. Sein Urteil lautet »lebenslänglich«. Trotzdem will der 35jährige Vater werden. Zwar ist sehr ungewiß, ob der Mörder von Jitzchak Rabin seine Kinder jemals außerhalb der Gefängnismauern sehen darf, doch hat er eine Frau, die ihm Nachwuchs schenken möchte: Larissa Trembowler, eine aus Rußland eingewanderte viermalige Mutter und Doktorin der Philosophie. Ob der Kinderwunsch des in Isolation einsitzenden Attentäters Wirklichkeit wird, ist noch offen. Daran ändert auch Amirs in der vergangenen Woche errungener Achtungserfolg nichts. Nach langem Zögern hat der Rechtsberater der Regierung, Meni Masus, Amirs Ehe mit Trembowler als gültig anerkannt.
Amirs Kampf um seine Eheschließung und das Recht, ein Kind zu zeugen, begann vor drei Jahren. Zu jenem Zeitpunkt hatte Trembowler, von dem Rabin-Mörder angetan, die Scheidung von ihrem damaligen Ehemann erwirkt – mit der erklärten Absicht, Amir zu heiraten. Allerdings weigerten sich die Gefängnisbehörden, eine Hochzeit in der Justizvollzugsanstalt auszurichten. Die Begründung: Als Sicherheitshäftling – also als Straftäter, der Israels Sicherheit bedroht – dürfe Amir nicht heiraten. Normalerweise gilt diese Definition einsitzende palästinensische Terroristen. Doch auch Amir ist nach Auffassung des Inlandssicherheitsdienstes Schabak nach wie vor eine Gefahr für Staat und Gesellschaft.
2004 fand das Paar einen Weg, das Verbot zu umgehen. Amir bevollmächtigte seinen Vater, der Braut in seinem Namen die Eheschließung anzutragen. Halachische Rechtsgrundlage des Manövers war eine religiöse Vorschrift, die die Eheschließung mit Hilfe eines Boten erlaubt. Unmittelbar danach erklärten sich Amir und Trembowler zu einem Ehepaar. Trembowler nennt sich nun Renana Larissa Amir.
Zugleich begehrte das Paar das Recht auf eheliche Vereinigung hinter Gefängnismauern, doch lehnte die Gefängnisdirektion auch diese Forderung ab. Im Sommer 2005 befand das Rabbinatsgericht in Jerusalem allerdings, die sei aus halachischer Sicht gültig, trotz der ungewöhnlichen Umstände, unter denen sie geschlossen wurde. Diesem Urteil fügte sich letztendlich auch Masus: In der vergangenen Woche wies der oberste Jurist der Regierung das Innenministerium an, Amirs Ehe anzuerkennen.
Allerdings ist die nunmehr offizielle Eheschließung noch lange keine Garantie dafür, daß Amir Vater werden darf. Der Jüdischen Allgemeinen sagte der Pressesprecher des Justizvollzugswesens, Ofer Lefler: »Die Ehe ändert nichts an der Definition eines Sicherheitshäftlings.« Ob verheiratet oder nicht, »Amir genießt nicht das Privileg der Vereinigung mit einer Partnerin.« Der Status eines Sicherheitshäftlings, so Lefler, kann nicht von der Justizvollzugsbehörde, sondern nur von anderen Dienststellen geändert werden, dar- unter dem Schabak.
Bei seinem Beharren auf Eheleben und Kinderwunsch erfährt Amir durchaus Unterstützung, und zwar nicht nur in Kreisen der extremen Rechten, die seine Tat gutheißt. Auch die liberale Vereinigung für Bürgerrechte (ACRI) setzt sich für ihn ein. »Wie jeder Häftling hat Jigal Amir das Recht zu heiraten, unabhängig von der von ihm begangenen Straftat«, sagt ACRI-Sprecher Joaw Leff. Das Recht, eine Familie zu gründen, betonte die Vereinigung in einer Eingabe an Rechtsberater Masus, sei grundlegender Natur und stehe jedem Erwachsenen zu.
Was aber, wenn solche Fürbitten nichts nützen? Für diesen Fall hat der Attentäter das Oberste Gericht angerufen. Er fordert, ihm und Trembowler wenigstens die künstliche Befruchtung zu genehmigen. Wie dieses Begehren beschieden wird, ist noch offen.