Warum tötet ein 17-Jähriger 15 Menschen, und nimmt sich dann selbst das Leben? Warum lässt Gott das zu? Bei Tragödien, wie dem Amoklauf in Winnenden, stellt sich zuallererst eine Frage: Warum? So versprach der Vortrag von Rebbezin Es-ther Jungreis am Mittwoch vergangener Woche im Jüdischen Gemeindehaus in Berlin Antworten, Deutungen oder Denkanstöße. Ohne aktuellen Bezug geplant, stand der Abend unter dem Motto: »Why bad things happen to good people?« (Wa-
rum geschehen guten Menschen schlechte Dinge?). Tallana Gabriel, die Betreiberin des koscheren Restaurants Gabriel’s hatte die Rebbezin eingeladen.
Esther Jungreis, bekannte amerikanische Autorin, Vortragsreisende und Gründerin von Hineni (www.hineni.org) hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Nächs-tenliebe und Gottesfürchtigkeit unter die Menschen zu bringen. Sie will zugleich Hoffnung in Zeiten der Ungewissheit ge-
ben. Seit 40 Jahren reist die zierliche Frau durch die Welt, um ihren Glauben mit den Menschen zu teilen. Die geborene Ungarin entstammt einer angesehen Rabbinerfamilie. Sie selbst hat die Schoa nur mit Hilfe ihres Glaubens überleben können, sagt sie.
Zurück zur Frage nach dem Warum: »Darauf gibt es keine einfachen Antworten. Die Menschen suchen seit Anbeginn die Schuld bei anderen«, sagt die Rebbezin und verweist auf Adam und Eva und ihr Vergehen, vom Baum der Erkenntnis zu essen. Bis zum heutigen Tag sei es so, dass die Menschen nicht auf Gott hörten, sondern Fehler und Sünden begehen, dann aber andere für die Folgen verantwortlich machten. Dabei wiederholt sie immer wieder: »Alles hängt von uns ab, wir können die Welt verändern, wir tragen Verantwortung für unserer eigenes Handeln.« Menschen würden eher Gott beschuldigen, als sich bewusst zu werden, dass sie eigene Verantwortung übernehmen müssen.
Der richtige Weg sei das Studium der Tora, die Betonung von Chessed – Güte oder Liebenswürdigkeit – und die Ehrung des Schabbats. Die vielen religiösen Zuhörer nickten zustimmend. Wer jedoch nicht so fromm lebt, blieb verwundert zurück. Besonders nach der Ausführung von Rebbezin Jungreis, dass der Holocaust Gottes Strafe für Reformjudentum und Assimilation gewesen sei. Es gibt wohl doch keine einfachen Antworten auf so komplizierte Fragen, wie die nach dem Warum.
Deborah Ferjencik
Esther Jungreis