von Ulf Meyer
Der Blick auf die Rocky Mountains hat ihn schon bei seinem ersten Besuch in Utah fasziniert. Alfred Jacoby aus Frankfurt am Main, Deutschlands erfolgreichster jüdischer Architekt, war in den Mormonenstaat gereist, um sich und seine Ideen für den Neubau einer Synagoge in den Bergen der dortigen Gemeinde vorzustellen. Sie entschied sich schließlich gegen internationale Konkurrenz für den Planer aus Deutschland. Heute, fünf Jahre später, ist der Blick auf die Landschaft das zentrale Entwurfsmotiv für Jacobys neue Synagoge.
Das Gotteshaus steht auf einem riesigen Grundstück am Rande des Städtchens Park City, einem Skiort. Dort leben zwar gerade mal 70 jüdische Familien, aber an den Hohen Feiertagen gibt es in der Synagoge dennoch kaum einen freien Platz. Denn Park City ist bei Touristen aus aller Welt, jüdisch oder nicht, sehr beliebt. Die Anzahl der Gäste übersteigt während der Saison regelmäßig die der 7.000 Einwohner. Park City gilt als eine der hübschesten Kleinstädte der USA und hat den Niedergang seiner Silberminen durch den Ski-Tourismus kompensieren können. Der Ort liegt mehr als 2.000 Meter über dem Meeresspiegel, ist wohlhabend, politisch progressiv und von Immigranten aus Mitteleuropa dominiert. Auch das bekannte Sundance-Filmfestival bringt Jahr für Jahr viele Besucher in das Städtchen und immer mehr prominente Beter in Jacobys Synagoge.
Als »Har Shalom« (Berg des Friedens) Ende Juni 2008 eingeweiht wurde, war das eine mehrfache Premiere: In Utah war seit über vierzig Jahren kein jüdisches Gotteshaus mehr gebaut worden, und auch für Jacoby war der Auftrag etwas ganz Besonderes. Es ist seine erste Synagoge in den USA, zugleich sein erster Bau in der offenen Natur und sein erster Auftrag von einer Reformgemeinde. In Deutschland hat Jacoby in den vergangenen Jahren viele Synagogen-Neubauten entworfen. Eine Wanderausstellung seiner Werke hat ihn in Amerika bekannt gemacht. Jacobys Stil, sein intensiver Umgang mit den Gemeindemitgliedern bei der Planung und seine angenehm pragmatische Art passen gut nach Amerika. Anregend, aber nicht aufgeregt und im besten Sinne lesbar sind Jacobys Entwürfe. Sie gelten als »elegant, einladend und einfühlsam«, weil ihre Raumwirkung vom natürlichen Licht, Holz, weißen Wänden und Kalkstein geprägt wird.
In Park City ist Jacoby eine sensible Integration des modernen Gebäudes in die atemberaubend schöne Berglandschaft gelungen. Große französische Fenster bringen die Umgebung visuell in das Gotteshaus. Jeder öffentlich zugängliche Raum bietet Ausblicke in die Natur. Das Foyer erinnert mit seinem großen Kamin an die luxuriöseren Ski-Hütten der Gegend. Der Andachtsraum hingegen ist rechteckig schlicht und geschützt. Seine östliche Giebelwand wurde von dem japanischen Künstler Jun Kaneko aus Omaha/Nebraska gestaltet. Kaneko hat die Wand wie einen Gebetsschal aus blauem und weißem Glas, den israelischen Nationalfarben, gestaltet. Die holzverkleidete Decke formte Jacoby wie eine gedrückte Sinuskurve, die zum höchsten Punkt über der Lade emporschwingt. Wie die Bergkuppen der Umgebung gibt sie dem Gebetssaal Schwung. Adam Bronfman, Gemeindevorstand, Gründungsmitglied und Direktor der Bronfman Foundation, die den Neubau finanziert hat, gefallen besonders die hohen Decken und der Reichtum an Tageslicht. Für Rabbi Joshua Aaronson hingegen geht es in diesem Gebäude um Beziehungen: sowohl die zwischen Architektur und Natur als auch die zwischen Mensch und Gott.
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