»Die Bahn sollte ihre Bedenken zurückstellen«
Wolfgang Tiefensee über die Ausstellung »11.000 jüdische Kinder«
Herr Minister Tiefensee, die Deutsche Bahn weigert sich trotz zahlreicher Proteste und Initiativen seit mehr als zwei Jahren, eine Ausstellung über das Schicksal von 11.000 ermordeten jüdischen Kindern auf ihren Bahnhöfen zu zeigen (vgl. S. 3). Haben Sie Verständnis für die Haltung des Konzerns?
tiefensee: Die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands muß uns allen am Herzen liegen. Ich habe den Vorstandsvorsitzenden der DB AG, Hartmut Mehdorn, unlängst in einem persönlichen Brief gebeten, die Haltung des Unternehmens in dieser Frage zu überdenken. Die Bahn sollte die organisatorischen und technischen Bedenken zurückzustellen und die Ausstellung »11.000 jüdische Kinder. Mit der Reichsbahn in den Tod« auch auf den Bahnhöfen zu zeigen.
Was erhoffen Sie sich von diesem Schreiben?
tiefensee: Ich hoffe, daß wir es gemeinsam schaffen werden, die Ausstellung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ich könnte mir vorstellen, daß diese bewegende Ausstellung zuerst in unserem Ministerium gezeigt wird. Das habe ich Herrn Mehdorn vorgeschlagen.
Die Deutsche Bahn argumentiert, die Ausstellung sei eine Gefahrenquelle und daher besser im Bahn-Museum Nürnberg aufgehoben. Soll damit Geschichte entsorgt werden?
tiefensee: Ich habe keinen Zweifel daran, daß die Bahn zu ihrer Geschichte steht, auch wenn sie in diesem Fall nur auf die Möglichkeit in Nürnberg verweist. Dort erinnert die Deutsche Bahn ja mit der ständigen Ausstellung im DB Museum wie auch mit dem Mahnmal Gleis 17 am Bahnhof Grunewald in Berlin eindringlich an die Rolle der Reichsbahn beim Holocaust. Die grundsätzliche Bereitschaft der DB AG, sich der Geschichte zu stellen, ist da. Deshalb würde gerade diese Ausstellung meines Erachtens der Bahn gut zu Gesicht stehen.
Mit dem Bundesverkehrsminister sprach Uta von Schrenk.