Georg Kreisler

Die alten bösen Lieder

von Michael Wuliger

Seine Melodien klingen freundlich und heiter. Die Texte nicht: Das Mädchen mit den drei blauen Augen, Gehn ma Taubenvergiften im Park, Zyankali Rock’n Roll – die Lieder halten, was die Titel versprechen. Dabei ist Georg Kreisler, der am 18. Juli 85 Jahre alt wird, privat ein freundlicher Mensch. Seine boshaften Seiten agiert er in seinen Songs aus. Seit er vor mehr als 50 Jahren aus dem amerikanischen Exil nach Österreich zurückkehrte, attackiert der Kabarettist, Komponist und Schriftsteller die heile Welt des Bürgertums. Staatsbeamte, Pantoffelhelden, Spießer aller Art hat er ins Visier genommen – vor allem aber seine Wiener. Wie schön wäre Wien ohne Wiener, Der Tod das muss ein Wiener sein – Kreisler hasst die Bewohner seiner Geburtsstadt, wie es nur einer kann, der als 16-Jähriger nach dem Anschluss 1938 erleben durfte, wie zum allgemeinen Gaudi Juden unter Schlägen und Tritten gezwungen wurden, auf Knien mit Zahnbürsten die Wiener Trottoirs zu reinigen.
Die Kreislers hatten damals Glück: Ein Onkel in den USA besorgte ihnen Visa. Bis heute hat Georg Kreisler einen amerikanischen Pass. Sicher ist sicher. Der Sohn einer assimilierten bürgerlichen Familie gehört zu der Generation europäischer Ju- den, die durch die Nazis gezwungen wa- ren, sich mit ihrer Herkunft näher zu beschäftigen. »Das Judentum ist eine Behinderung, noch dazu eine, die sich offenbar vererbt«, hat der Satiriker einmal gesagt, um aber gleich ernsthafter fortzufahren: »Andererseits finde ich es eine Bereicherung: Man wird trotzig, was die Mitmenschen betrifft, und demütig in Bezug auf fast alles andere.«
Vielleicht war es dieser Trotz, der Kreisler 1963 motivierte, als Erster in Deutschland nach der Schoa wieder witzige Lieder über Juden in sein Programm aufzunehmen. Die Nichtarischen Arien stießen erwartungsgemäß auf ein geteiltes Echo. »Darf man das jetzt wieder?«, fragte erstaunt-erschrocken ein Radioreporter des WDR. Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf protestierte ebenso heftig wie erfolglos.
Dabei waren Lieder wie Onkel Joschi und Der General nett und harmlos, verglichen mit anderen Kreisler-Songs, die dem Autor und Interpreten damals gelegentliche Funk- und Fernsehverbote eintrugen. Heute würden viele Sender gutes Geld für ein Georg-Kreisler-Liveprogramm zahlen. Doch der tritt seit dem Jahr 2001 nicht mehr öffentlich auf. Statt Songs schreibt Kreisler Romane und komponiert Bühnenwerke. Zuletzt wurde 2006 im Hamburger Schmidt-Theater sein tragikomisches Musical Adam Schaf hat Angst mit Tim Fischer in der Hauptrolle aufgeführt.
Momentan arbeitet Georg Kreisler an einer Oper. Außerdem ist er gerade mit seiner Frau und Kabarettkollegin Barbara Peter umgezogen und wohnt nach 15 Jahren Basel jetzt in Salzburg. »Wenn man das Land alle paar Jahre wechselt, hat das Vorteile, denn sobald man sich ärgert, kann man sagen: Macht nix, ich gehe eh bald weg.«

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025

Sachsen-Anhalt

Fünf Stolpersteine in Magdeburg gestohlen

Die Tat soll sich am 1. April ereignet haben

 03.04.2025

Gastbeitrag

Vom Schweigen zum Handeln

Das Bayerische Bündnis für Toleranz ist heterogen. Doch beim Kampf gegen Antisemitismus steht es vereint

von Philipp Hildmann  03.04.2025

New York

UN: Hunderte Kinder seit Scheitern der Waffenruhe in Gaza getötet

Unicef-Exekutivdirektorin fordert die Terrororganisation Hamas und Israel auf, dem humanitären Völkerrecht nachzukommen und Kinder zu schützen

 01.04.2025

Berlin

»Hans Rosenthal erinnert uns daran, dass jüdisches Leben zu Berlin gehört«

Der Regierende Bürgermeister: »Er überlebte die Schoa nur, weil ihn einige mutige Frauen aus Lichtenberg in einer Schrebergarten-Kolonie versteckten«

 01.04.2025

USA

Michel Friedman: Trumps Krieg gegen Medien ist unerträglich

Der Publizist warnt vor den Angriffen des US-Präsidenten auf kritische Berichterstattung und akademische Freiheit

 28.03.2025