Beduinen

Der wilde Süden

Die Schabbatruhe der Schai-Farm im nördlichen Negev wurde rüde unterbrochen. Am Morgen, so Gutsbesitzer Schai Dromi, drangen vier Räuber in das landwirtschaftliche Anwesen ein, vergifteten den Wachhund, entwendeten Werkzeug und Gerät und brachen in ein Schafsgehege ein. Da griff Dromi zum Gewehr und feuerte auf die Eindringlinge. Die Kugeln töteten Chaled al-Atrasch, 31, und verletzten einen seiner drei Begleiter, Ajub Al-Hawaschle, schwer. Anschließend behauptete der Landwirt, sich in Lebensgefahr gewähnt und daher in Notwehr gehandelt zu haben. Allerdings habe er nur auf die Beine der Diebe gezielt. Der Staatsanwaltschaft erschien die Version nicht stichhaltig genug: Anfang dieser Woche klagte sie Dromi wegen Tötung an.
Wegen der Identität der Räuber – bei allen vier handelte es sich um israelische Beduinen – schwappten angestaute Emotionen hoch. In Kreisen der Beduinen herrscht Zorn darüber, dass Dromi nicht wegen Mordes vor Gericht gestellt wird. Nach Al-Hawaschles Darstellung hatte Dromi ohne jeglichen Grund geschossen. Dagegen stehen viele Landwirte zu ihren Kollegen. »Die Beduinen stehlen alles was nicht niet- und nagelfest ist. Da müssen wir uns verteidigen. Natürlich war es Notwehr«, ereiferte sich in einer Radiosendung ein Farmer namens Amos. Der ehemalige Landwirtschaftsminister Israel Katz (Likud) forderte, den Widerstand von Farmbesitzern gegen Überfälle als Selbstverteidigung anzuerkennen. »Der Farmdiebstahl hat sich zu einer Landplage entwickelt«, rügte Chajim Dajan, Direktor des israelischen Rinderzuchtverbandes. Allein im vergangenen Jahr habe sich die Zahl der gestohlenen Nutztiere im Negev mehr als verdoppelt.
Die Diebstahlskriminalität unter der Beduinenbevölkerung ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite stehen schwerwiegende Probleme und jahrzehntelange Vernachlässigung, die die Beduinen des Negev, so eine Analyse des Industrieministeriums, zur ärmsten Bevölke-
rungsgruppe des Landes gemacht haben. Den knapp 200.000 Menschen bieten die traditionellen Erwerbszweige wie Ackerbau und Viehzucht keine ausreichende Existenzbasis mehr. Heute sind nur 36 Prozent der Beduinen im arbeitsfähigem Alter erwerbstätig; unter Juden sind es 61 Prozent.
Im Laufe der Jahre gründete die Regierung zwar sieben Beduinenstädte. Dort lebt heute rund die Hälfte der Bevölkerung, allerdings eher schlecht als recht. Das Schulwesen ist wegen knapper Staatsmittel unterentwickelt und produziert ein Heer von Arbeitslosen. Wie eine Studie der Universität Beerschewa herausfand, schlagen sich zwei von drei Bewohnern unterhalb der Armutsgrenze durch. Noch schlimmer sieht die Lage in den so genannten illegalen Siedlungen aus, die ohne staatliche Genehmigung gebaut wurde. Dort sind vier von fünf Bewohnern arm: bester Nährboden für Beschaffungskriminalität, und nicht nur dafür. Die Sicherheitsbehörden stellen unter den Beduinen einen Trend zu zunehmender Islamisierung fest. »Wir können froh sein, wenn die Beduinen nur Kühe und Schafe stehlen«, warnt ein Sicherheitsexperte. Fürsprecher der Beduinen fordern die Regierung auf, ihre Politik zu ändern und den Beduinen auf ihrem Weg in die Moderne tatkräftig unter die Arme zu greifen. Wladimir Struminski

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025