von Wilfried Weinke
Es gibt Menschen, die einen Raum erstrahlen lassen, wenn sie ihn betreten. Solch ein Mensch war die Hamburger Pädagogin Ursula Randt. Mehr als 30 Jahre widmete sie sich der Erforschung und Beschreibung des jüdischen Schulwesens in Hamburg. Dabei ließ sie – eben ganz Pädagogin – nie außer Acht, welche die geeignete Form der Darbietung sein könnte.
Vermittlung auf Basis genauer Recherche sowie Erinnerung waren ihre Anliegen, nicht vorschnelle Versöhnung. Ihre Fähigkeit, zuhören zu können und zu wollen, paarte sich mit natürlichem Verständnis, Empathie im besten Sinne. Dabei mit Beharrlichkeit und mit charmanter Hartnäckigkeit diskutierend.
In Erinnerung bleiben ihre im Jahr 1984 erschienene Monografie Carolinenstraße 35. Geschichte der Mädchenschule der Deutsch-Israelitischen Gemeinde 1884-1942, eine Pionierarbeit zum jüdischen Schulwesen in Hamburg. Dafür hatte sie mit Hilfes eines engen Geflechts zahlloser Freundschaften und Korrespondenzen die Recherchen selbst finanziert. Erst das ehrliche Interesse und die menschliche Wärme von Ursula Randt ermöglichten es vielen ehemaligen Juden Hamburgs, wieder Kontakt zu ihrer einstigen Heimatstadt aufzunehmen.
In zahlreichen Aufsätzen, mehreren Dutzend Vorträgen und Mitarbeit an diversen Ausstellungen widmete sich die Tochter eines Dermatologen, der vor den Nazis in die USA flüchtete, der Erforschung der jüdischen Schulgeschichte Hamburgs. Rechtzeitig zum 200-jährigen Jubiläum der jüdischen Schule stellte sie ihr Buch Die Talmud Tora Schule in Hamburg 1805 bis 1942 fertig.
Schon 1989 wurde sie für ihr vorbildliches und uneitles Engagement vom Fachbereich Erziehungswissenschaften mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Der »Verein für Hamburgische Geschichte« ehrte sie noch kurz vor ihrem Tod mit der Lappenberg-Medaille. Ursula Randt starb nach langer Krankheit am 20. Mai im Alter von 78 Jahren.
Die Lücke, die ihr Tod in die auch weiterhin notwendige Erinnerungsarbeit reißt, wird schwer zu schließen sein. Allen aber, die mit ihr freundschaftlich verbunden waren, bleibt die Erinnerung an einen wahrhaft guten Menschen.