Herr Goldberg, Sie sind ein enger Weggefährte Nelson Mandelas und waren wie er jahrzehntelang inhaftiert. Was haben Sie ihm zu seinem 90. Geburtstag gewünscht?
goldberg: Ich habe ihm ein langes Leben mit seiner Familie und seinen 45 Enkelkindern gewünscht. Er ist über Jahrzehnte Vorbild gewesen und muss jetzt das Recht haben, seinen Ruhestand zu genießen.
Was ist von Mandelas und Ihrem Traum eines gerechten Südafrika geblieben?
goldberg: Der Kampf für Gerechtigkeit und gegen Armut geht weiter. Wir haben erst vor 14 Jahren die Macht übernommen. Mandela war unser erster frei gewählter Präsident. Wir benötigen noch Jahre, um in einer globalisierten Welt Arbeitsplätze zu schaffen und etwas gegen die Armut zu tun. Neue Ideen zu entwickeln ist einfach, sie umzusetzen sehr schwierig. 50 Prozent unserer Bevölkerung sind Analphabeten, aber für die wirtschaftliche Entwicklung brauchen wir ausgebildete Menschen. Freiheit heißt, den Menschen die Würde wiederzugeben. Das haben wir erreicht. Früher war Bildung ein Privileg der Weißen, heute gehen alle Kinder in die Schule.
Sie haben gegen den Apartheid-Rassismus gekämpft. Schmerzt es da nicht, wenn fremdenfeindliche Attacken in Südafrika unrühmliche Schlagzeilen machen?
goldberg: Mich bekümmert vor allem die Gewalt unter den Armen. In Südafrika gibt es zwischen drei und fünf Millionen Wirtschaftsflüchtlinge aus dem südlichen und westlichen Afrika. Die ärmsten Flüchtlinge leben unter den Ärmsten der Armen in unserem Land. Die Ursache der Gewalt sind die sozialen Bedingungen. Den größten Schmerz bereitet mir aber die Tatsache, dass es überhaupt noch Armut gibt.
Ist Antisemitismus Teil der südafrikanischen Apartheid gewesen?
goldberg: Unter den Buren gab es immer Antisemitismus. Aber als die Buren die Macht übernahmen, akzeptierten sie die Juden als Weiße. Juden in Südafrika waren privilegiert und auch Teil der Apartheid.
Und wie empfinden Sie als Jude die Situation heute?
goldberg: Juden nehmen wie andere Ämter in der Regierung und der Verwaltung ein. Sie haben ihren Platz in der Gesellschaft. Einen offenen Antisemitsmus habe ich bisher nicht wahrgenommen.
Mit dem Mitglied des African National Congress (ANC) sprach Hans-Ulrich Dillmann.