von Rafael Seligmann
Die Bestellung Bernd Knoblochs zum Aufsichtsratsvorsitzenden der größten deutschen Hypothekenbank deutet auf das Wiederaufleben eines traditionellen jüdischen Berufs hierzulande. Jüdische Bankiers gehörten ehedem zu Deutschland wie Torarollen in die Synagoge. Jüdischen Geldverleihern kam in einem Land, in dem Christen Zinsgeschäfte verboten waren, eine volkswirtschaftliche Schlüsselfunktion zu. Jüdische Finanziers hatten die Aufgabe, durch Münzprägung und andere Geschäfte den Landesherren Gelder für ihren Hofstaat oder ihre Kriege zu beschaffen.
Dadurch konnten die Herrscher den Volkszorn nach Bedarf gegen die Juden lenken. Dies widerfuhr unter anderem Joseph Süß Oppenheimer (1692-1738), dem Finanzberater des württembergischen Herzogs Karl Alexander. Nach dem Tod des Herrschers ließ dessen Sohn Oppenheimer hinrichten und sein Vermögen einziehen. Lion Feuchtwanger hat diesen Hofjuden in dem Roman Jud Süß verewigt.
Mit Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 gewannen die Juden erstmals Rechtssicherheit. Das führte zu einem Aufblühen des Bankwesens. Entsprechend ihrer Erfahrung spielten Juden dabei eine herausragende Rolle. Jeder zweite deutsche Bankbesitzer hatte jüdische Vorfahren. Kunden bis hin zu Reichskanzler Otto von Bismarck verließen sich auf Geldhäuser wie das der Bleichröders, der Rothschilds, Oppenheim, die Dresdner Bank oder die Bayerische Hypotheken- & Wechselbank.
Die Nazis und ihre willigen Arisierer bereiteten dem jüdischen Bankwesen ein Ende. Wie es schien. Es dauerte lange, ehe ein praktizierender Jude wieder an die Spitze eines bedeutenden deutschen Geldhauses trat. 2004 übernahm Bernd Knobloch den Vorsitz des Vorstandes bei der Eurohypo.
Der Sohn eines Kaufmanns wusste schon in jungen Jahren, »was ich wollte«. Entsprechend gestaltete er seine Ausbildung. Knobloch studierte Jura und Wirtschaftswissenschaften und lernte das Steuerprüfen. Danach wurde er Gesellschafter der Bauträgergesellschaft Cederbaum und Partner in seiner Heimatstadt München.
Knoblochs Kenntnisse imponierten den Mitarbeitern der Hypothekenbanktochter der Deutschen Bank. Sie warben den Kaufmann ab. In kurzer Zeit avancierte Knobloch in den Vorstand des Frankfurter Geldhauses. Ein Jahr nachdem die drei deutschen Großbanken ihr Hypothekengeschäft in der Eurohypo verschmolzen, wurde Knobloch Vorstandsvorsitzender. Die Bank war dermaßen erfolgreich, dass ein Börsengang unvermeidlich schien. Da erwarb die Commerzbank die Eurohypo. Knobloch rückte in den Vorstand der Commerzbank auf, wo er für das Immobiliengeschäft Verantwortung trägt. Parallel dazu leitete der Banker die Eurohypo.
Der 57-Jährige gilt als der innovativste und erfolgreichste deutsche Immobilienbanker. Die Eurohypo wurde unter Knoblochs Führung als weltweit effektivste Bank ausgezeichnet. Sein Erfolgsrezept besitzt mehrere Ingredienzen. Knobloch versteht sich nicht als Theoretiker, sondern »stets als Unternehmer«. Sein Ehrgeiz und der seines Hauses bestehen darin, »gemeinsam mit dem Kunden eine auf seine spezifischen Interessen zugeschnittene Anlagestrategie zu entwerfen und diese durchzusetzen. Unsere Tätigkeit erlischt nicht in der grauen Theorie, sie entwickelt vielmehr in der Praxis die Leidenschaft, erfolgreich zu sein«. Dabei bleibt Knobloch Traditionalist. Als gläubiger Jude, aber auch als jüdischer Banker, dem sein ehrlicher Ruf vorauseilt.
Knobloch war wegweisend in der Internationalisierung des Immobiliengeschäftes deutscher Geldinstitute. Er setzte die enge Verzahnung des deutschen Hypothekenmarktes mit den globalen Kapitalmärkten durch. Auf diese Weise gewann der lange stagnierende deutsche Immobiliensektor neue Dynamik. Obgleich die Eurohypo auf diese Weise in das internationale Kreditverbriefungsgeschäft einstieg, ersparte vor allem die Erfahrung ihres Chefs dem Haus nennenswerte Verluste in diesen Märkten. Auch während der Subprime-Krise machte die Eurohypo stets Gewinn.
Nach der erfolgten Eingliederung der von ihm geleiteten Spezialbank für Immobilien- und Staatsfinanzierung in den Mutterkonzern Commerzbank löst Knobloch den bisherigen Aufsichtsratschef der Eurohypo Klaus Peter Müller ab. Dieser bleibt Aufsichtsratschef der Commerzbank und Vorsitzender des deutschen Bankenverbandes. Als Aufsichtsratschef der Eurohypo will Knobloch auch in Zukunft weiterhin persönlich die Beziehungen zu internationalen Großkunden der Bank pflegen.