Herr Fischer, vor 20 Jahren wurde die Organisation Amcha gegründet. Sie hilft Überlebenden, die an den Spätfolgen der Schoa leiden. Wie hat die Arbeit damals angefangen?
fischer: Die massiven posttraumatischen Folgeprobleme Schoa-Überlebender wurden der Öffentlichkeit erst im Laufe der 80er Jahre bewusst. Man erkannte, dass den Betroffenen dringend geholfen werden muss. Die Gründer der Selbsthilfeorganisation Amcha bauten 1987 ehrenamtlich und zum Teil mit eigenem Kapital in Jerusalem, Haifa und Ramat Gan Zentren auf, in denen sie schon bald über 2.000 Menschen betreuten. Zunehmend wurden dann Ärzte, Psychologen und Sozialarbeiter angestellt für die professionellen Therapien. Mit seinen heute über 150 Mitarbeitern hat Amcha ein Modell entwickelt, wie man mit psychosozialen Belastungsstörungen von Holocaust-Überlebenden umgeht und damit deren Lebensqualität erhöht.
Wo steht Amcha heute?
fischer: Der Bedarf ist in den vergangenen 20 Jahren drastisch gestiegen. Heute betreut Amcha über 9.600 Menschen in sechs Zentren und neun Zweigstellen. Zunehmend bieten die Dependancen auch Hausbesuchsdienste an, denn unter den Betroffenen gibt es immer mehr betagte Menschen.
Wie finanziert Amcha seine Arbeit?
fischer: Etwa die Hälfte der Kosten tragen die Klienten selbst, denn Amcha ist nach wie vor eine Selbsthilfeorganisation. Einen sehr substanziellen Beitrag leistet die Claims Conference, und etwa gleich hoch ist der Haushaltsanteil, der durch Spenden zusammenkommt; so durch Förderkreise in Holland, Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Wie viel haben Sie im vergangenen Jahr nach Israel überweisen können?
fischer: Der Verein hat 51.000 Euro gesammelt. Außerdem leistet unsere Stiftung im Monat ungefähr 25.000 Euro, und das seit 1990. Was unser Verein und die deutsche Amcha-Stiftung – übrigens die einzige Entschädigungsleistung aus der späten DDR für Israel – leistet, sind nicht einmal acht Prozent des Gesamtbudgets. Das ist natürlich viel zu wenig, wenn man sich vor Augen hält, was uns in Deutschland an Verantwortlichkeit zukommt.
Mit welchen Aktionen tritt Amcha Deutschland in diesem Jahr am Gedenktag für die NS-Opfer in die Öffentlichkeit?
fischer: Unsere Hauptveranstaltung ist ein Benefizkonzert im Berliner Dom. Es spielt das Hamburger Ärzteorchester, und es singt ein großer Chor mit Sängern aus etlichen Hamburger Kirchengemeinden.
Was sind Ihre nächsten Projekte?
fischer: Wir brauchen Adressen, denn wir möchten unsere Rundbriefe an immer mehr Menschen schicken, um sie als Spender zu gewinnen. Außerdem wollen wir Veranstalter, die sich für humanitäre Belange einsetzen, dafür gewinnen, sich auch für die Hilfe von Holocaust-Überlebenden zu engagieren.
Mit dem Vorsitzenden von
Amcha Deutschland sprach Tobias Kühn.
www.amcha.de
Spendenkonto-Nummer: 79 55 50,
BLZ 100 602 37, EDG-Filiale Berlin