von Elke Wittich
Wann immer mal wieder jemand verkündet, an einer innovativen neuen Internet-Suchmaschine zu arbeiten, ist die Reaktion des Publikum gähnende Langeweile, verbunden mit einem leicht genervten »Google gibt’s doch schon.« Als jedoch der Engländer Stephen Wolfram vor rund vier Jahren annoncierte, eine Art Suchmaschine zu entwickeln, war zumindest unter den Computerspezialisten die Vorfreude groß. Denn Wolfram ist nicht irgendwer, und mit den hinlänglich bekannten Schaumschlägern hat er gleich gar nichts zu tun. Der Physiker und Mathematiker gehört zu den großen Gurus der Informatiker-Szene, die entsprechend enthusiastisch auf seine Ankündigung reagierte. Wolfram schrieb bereits mit 16 Jahren einen viel beachteten Aufsatz über Teilchenphysik und begann ein Jahr darauf sein Studium in Oxford.
Und nun steht seit knapp zwei Wochen die von ihm entwickelte Suchmaschine »Wolfram Alpha« zur öffentlichen Benutzung im Internet bereit. Im Gegensatz zu anderen Suchmaschinen ist »Wolfram Alpha« allerdings nicht auf das Auffinden von Webseiten spezialisiert. »Wolfram Alpha« will strikt wissenschaftliche Antworten auf alle möglichen Fragen geben – so erhält man beispielsweise auf die Eingabe von Stichworten Darstellungen wie Diagramme, Bilder, Statistiken und Erklärungen.
Was manche Kritiker sehr enttäuschte. »Wolfram Alpha« sei ein Flop, hieß es schon nach wenigen Tagen. Dabei sind die vorgebrachten Kritikpunkte schnell entkräftet. Wie etwa der, dass »Wolfram Alpha« nur sehr wenige Suchergebnisse ausspuckt. Das liegt einerseits daran, dass jede Suchmaschine lernen muss. Auch Google findet neue Webseiten nicht auf Anhieb. Andererseits sollte man sich von der puren Menge der durch die herkömmlichen Suchmaschinen hervorgebrachten Ergebnisse nicht blenden lassen: Wirklich fundierte Informationen enthalten nur die wenigsten Seiten, der Rest besteht aus Werbepages, Blogs, Foreneinträgen oder sogar aus Seiten, die versuchen, durch bewusst falsche Tags, also Etiketten, Besucher anzulocken.
Die Funktionsweise von »Wolfram Alpha« basiert wiederum auf »Mathematica« – der meistbenutzten mathematisch-naturwissenschaftliche Software, die ebenfalls von Stephen Wolfram entwickelt wurde und von dessen Firma »Wolfram Research« vertrieben wird. »Mathematica« ist eine Zusammenstellung von Programmen für unterschiedliche Aufgaben und damit ein Softwarepaket, wie es zum Beispiel auch Microsoft Office ist, das Programme für Textverarbeitung (Word), Tabellenkalkulation (Excel), Präsentation (PowerPoint) und anderes enthält. »Mathematica« kann neben den Grundrechenarten auch mathematische Operationen wie etwa Ableitungsberechnung, Integralberechnung, beliebi- ge Genauigkeit bei numerischen Berechnungen, Matrizenmanipulation und Lösen von Gleichungssystemen, aber auch speziellere mathematische Funktionen, etwa aus dem Bereich Kombinatorik, ausführen.
Wie die neue Suchmaschine »Wolfram Alpha« funktioniert, kann man ganz einfach selber ausprobieren, indem man zum Beispiel den Begriff »Israel« eingibt. Ausgespuckt werden statistische Fakten, Landkarten sowie demografische und wirtschaftliche Daten, zu denen weitere De- tails abrufbar sind. Gibt man den gleichen Begriff bei Google ein, erscheint ein Sammelsurium unterschiedlicher Webseiten, von offiziellen Pages über Zeitungsartikel bis hin zu eBay-Angeboten.
Und so muss man sowohl den Internetusern als auch dem Team von »Wolfram Alpha« wohl einfach nur Zeit lassen. Den einen, um sich daran zu gewöhnen, dass es nun möglich ist, nach nüchternen Fakten zu suchen, und den anderen, um in Ruhe an dem Projekt zu feilen. Und vielleicht auch daran, mehr als nur dürftige biografische Details über Stephen Wolfram auszugeben. Denn während seine wissenschaftliche Laufbahn hinreichend bekannt ist, macht ein Teil der Wolframschen Familiengeschichte ganz besonders neugierig: Stephens Vater Hugo Wolfram wurde nämlich 1925 in Bochum geboren, dessen Vater Max war Tierarzt, Mutter Edith – vermutlich – Hausfrau. Bis zum Jahr 1933 besuchte der kleine Hugo die Israelitische Volksschule in Bochum, dann wanderte er mit seiner Mutter nach England aus. Der Vater folgte erst 1938 in die Emigration, nachdem er während der Pogrome am 9. November verhaftet worden war. Stephen Wolframs Mutter Sibil lehrte Philosophie an der Universität Oxford. Stephen selbst wurde 1959 in London geboren.
www.wolframalpha.com