von Katrin Diehl
In fremdn land heißt eine kleine, beachtenswerte Ausstellung, die noch bis zum 15. Juni in der Münchner Universitätsbibliothek zu sehen ist. Tamar Lewinsky und Ittai Tamari von der Abteilung »Jüdische Geschichte und Kultur« der Ludwig-Maximilians-Universität zeigen in 13 Glasvitrinen jiddische und hebräische Zeitungen sowie Bücher aus dem Nachkriegsdeutschland. Den Anfang macht ein unscheinbares eng beschriebenes Stück Papier. Drei Wochen nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald, am 4. Mai 1945, erschien dort eine jiddische Zeitung in hebräischen Lettern, den »befreiten Kindern und Jugendlichen gewidmet«.
Etwa 150.000 vorwiegend aus Osteuropa stammende Überlebende der Schoa befanden sich nach der Befreiung auf deutschem Territorium. »Displaced Persons«, kurz DPs, hießen sie im Besatzungsjargon. In ungefähr 30 Sammellagern, die meisten in Süddeutschland, lebten die »Entwurzelten Personen« provi- sorisch, warteten auf ein Visum für Amerika oder einen illegalen Transport ins britisch besetzte Palästina. Für Information, Agitation und Unterhaltung sorgten in der Zwischenzeit Dutzende von Lagerzeitungen. Die Blätter in jiddischer oder hebräischer Sprache waren Ausdruck des gemeinsamen Leids, Vergewisserung des eigenen Lebens, vor allem aber Zeichen des Aufbruchs und Neuanfangs. Ihre Titel klangen danach: Undzer Vejg, Undzer Hoffnung oder Ibergang. Man rechnete wieder mit der Zukunft und wollte keine Zeit mehr verlieren. »Da treffen sich ein paar Tage nach der Befreiung vier Häftlinge mit gestreiften Lageranzügen, hungrig und müde. Zu einer Zeit, als alle von dem Gedanken des Organisierens eines menschenwürdigen Kleidungsstücks absorbiert waren, denken die vier über die Beschaffung jiddischer Druckschrift nach, um eine jiddische Zeitung herauszugeben«, erinnert sich einer, der dabei war. So entstand die erste regelmäßig erscheinende jiddische Zeitung in Nachkriegsdeutschland: Undzer Shtime. Verlagsort war das DP-Lager Bergen-Belsen unweit des ehemaligen KZs.
Da es anfangs fast unmöglich war, in Deutschland an hebräische Drucksätze zu kommen, wurden die Blätter zunächst in lateinischen Lettern gedruckt, bis endlich, gespendet von einer jiddischen Zeitung in New York, eine Schreibmaschine mit hebräischer Tastatur kam. Man nutzte leer stehende, alte Redaktionsräume, wenn es sein musste, auch die des Völkischen Beobachters. Bedient wurden die unterschiedlichsten Leserinteressen. Im Magazin Yidishe Bilder zum Beispiel konnte man sich an einem Fotowettbewerb »Das schönste DP-Baby« beteiligen. Der Aufruf »Helft mit, die Geschichte der jüngsten Katastrophe zu schreiben!« einer »Historischen Kommission« aus DPs verschiedener Lager, stieß offenbar auf wenig Interesse. Nur ein paar schlecht gebundene, dünne Heftchen der Reihe Fun letstn Khurbn kamen heraus. 19 wuchtige Bände in Leder liegen eine Vitrine weiter: der »Talmud der Überlebenden«, gedruckt 1946 bis 1950. Die Universität München hat sie vergangenes Jahr erworben. Es ist ein Nachdruck des Talmuds, wie wir ihn kennen mit dem klassischen Über-, Unter- und Nebeneinander von Mischna, Diskussionen, Kommentaren und Auslegungen. Die grafische Gestaltung allerdings ist einmalig: Bilder von Konzentrationslagern illustrieren das heilige Buch.
www.ub.uni-muenchen.de
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Exil-Schau in München
Die Situation von Künstlern im niederländischen Exil von 1933 bis 1945 dokumentiert bis zum 26. Oktober eine Ausstellung im Münchner Literaturarchiv Monacensia. Die Schau basiert auf den Nachlässen von Grete Weil, Hermann Kesten sowie Klaus und Erika Mann, die im Literaturarchiv betreut werden. Kuratiert wurde die Schau von Wilfried F. Schoeller, Generalsekretär des deutschen PEN-Zentrums Veit Johannes Schmidinger. Zu sehen sind Originaldokumente wie Tagebuch-Einträge von Klaus Mann oder der Reisepass des Autors Hans Keilson. Zitate, die großflächig an die Wand geschrieben sind, vermitteln eindringlich die Empfindungen der heimatlos gewordenen Künstler. dpa
www.muenchner-stadtbibliothek.de
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Jud-Süss-Ausstellung in Braunschweig
Das Museum Jakob-Kemenate in Braunschweig zeigt vom 5. Juni bis 5. Juli die Ausstellung Jud Süss – Geschichte (n) einer Figur. Am Beispiel des württembergischen Hofjuden Joseph Süss Oppenheimer (1698 - 1738) soll die Tradierung antisemitischer Stereotypen und ihre bis heute ungebrochene Wirkungsmacht aufgezeigt werden. Im Rahmenprogramm wird das Thema mit Vorträgen und Vorführungen von Veit Harlans Hetzfilm Jud Süss von 1940 vertieft. ja
www.jsoppenheimer-ausstellung.de