Oded Wiener

»Das Schächten muss erlaubt bleiben«

Herr Wiener, Sie waren am vergangenen Wochenende zu Gast bei der Orthodoxen Rabbinerkonferenz in Deutschland (ORD). Was war der Anlass Ihres Besuches?
wiener: Seit Bestehen der Orthodoxen Rabbinerkonferenz pflegt das Oberrabbinat von Israel sehr gute Beziehungen zur ORD und wir arbeiten intensiv zusammen. Es gibt so viele komplizierte religiöse Fragen, bei deren Lösung wir den deutschen Rabbinern beratend zur Seite stehen. Wir schätzen die ORD als sehr wichtige orthodoxe Rabbinerorganisation, die sich dafür einsetzt, jüdische Tradition und alles, was mit dem Jüdischsein verbunden ist, in Deutschland wiederzubeleben. So oft es geht, versuchen wir auch den direkten persönlichen Kontakt zu pflegen. Welche Bedeutung das Oberrabbinat Deutschland beimisst, kann man auch daran erkennen, dass die beiden Oberrabbiner das Land im vergangenen Jahr gemeinsam besucht haben.

Was sind die konkreten Gesprächsthemen Ihrer Visite?
wiener: Derzeit ist das Schächten ein Thema im Bundestag, und das halten wir für ein sehr wichtiges und sensibles Thema. Wir werden alles daran setzen, dass das Schächten weiter erlaubt ist, denn es ist ein wichtiger Bestandteil unserer Tradition. Wir üben diese seit Tausenden von Jahren aus und haben sie unter sehr schwierigen Bedingungen in der ganzen Welt verteidigt. Ich sehe keinen Grund, warum das Schächten in Deutschland nicht mehr erlaubt sein soll. Wir achten auf den Tierschutz und darauf, dass den Tieren kein unnötiger Schmerz zugefügt wird. Dieses Thema ist auch in anderen Ländern schon diskutiert worden, aber ich bezweifle, dass es dabei immer um das Wohl der Tiere geht.

Wie wollen Sie gegen ein Schächtverbot vorgehen?
wiener: Es gibt wissenschaftliche Studien, die belegen, dass das Schächten den Tieren keinen Schmerz zufügt. Diese werden wir vorlegen. Und wenn es nötig ist, werden sich das Oberrabbinat und bestimmt auch israelische Parlamentsmitglieder direkt an den Bundestag wenden.

Geht es bei Ihren Gesprächen auch um die Frage der vielen »Intermarriages«, also der Eheschließungen jüdischer und nichtjüdischer Partner?
wiener: Das ist ein wichtiges Thema. Dafür haben wir in Deutschland mit dem ORD in einer weltweit einmaligen Kooperation ein ständiges Rabbinatsgericht, das Beit Din, ins Leben gerufen, wo wir uns mit diesen Fragen beschäftigen. Das Beit Din hat sich seit Be-
ginn der Arbeit vor drei Jahren bereits mit Hunderten von Fällen beschäftigt. Dabei geht es um Konvertierungen, von denen wir bereits über 50 abgeschlossen haben, oder Scheidungen. Davon haben wir schon mehr als 100 durchgeführt. Die Arbeit des Rabbinatsgerichts läuft sehr erfolgreich.

Wie wollen die ORD und das Oberrabbinat die wachsenden jüdischen Gemeinden in Deutschland stärker fördern?
wiener: Ich denke, wir müssen uns hauptsächlich auf die Jugend und ihre religiöse Erziehung konzentrieren. Gelingt dies, haben die jüdischen Gemeinden eine großartige Zukunft. Jede Unterstützung, die wir dabei geben können, seien es Bücher, Lehrer oder Unterrichtsmaterial, wollen wir beisteuern. Wir müssen unsere Kinder dazu motivieren, wissbegierig zu sein und freiwillig lernen zu wollen. Die jungen Leute müssen sich mit den Personen in den Büchern identifizieren können. Man muss sie dazu in die Vorbereitung aller religiösen Feste einbeziehen und so weiter. Eine wichtige Aufgabe dabei ist die Integration der jüdischen Einwandererkinder aus Osteuropa. Um dies zu erreichen, müssen wir alle Kräfte bündeln und zusammenarbeiten.

Beinhaltet das auch eine Zusammenarbeit mit liberalen Gemeinden?
wiener: Darin kann ich keine Lösung sehen, denn das Überleben unseres jüdischen Volkes verdanken wir der Tora und unserer orthodoxen Tradition. Ich will mich über niemanden negativ äußern, aber es gibt eine Umfrage in den USA über die dritte Generation von Juden. Dabei kam heraus, dass sich in liberalen Familien ein Großteil der dritten Generation dem Judentum nicht mehr verpflichtet fühlt, ganz im Gegensatz zu orthodoxen Familien, in denen sich die Nachkommen noch beinah alle als religiös bezeichneten. Wenn wir weiter das bleiben wollen, was wir sind, ist die Orthodoxie der richtige Weg.

Mit dem Generaldirektor des Israelischen Oberrabbinats in Jerusalem sprach Sabine Demm.

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