Frau Kloß, Sie nehmen im Rahmen des Schleswig-Holstein-Musikfestivals – gemeinsam mit anderen Popstars wie Sarah Connor, Thomas D und Joy Denalane – an drei »Selma-Konzerten« teil. Was sind das für Konzerte?
Selma Meerbaum-Eisinger war ein jüdisches Mädchen aus Czernowitz, das mit 18 Jahren im KZ ermordet wurde. Sie hat einen Band mit Gedichten hinterlassen. Vor ein paar Jahren hat David Klein, ein Schweizer Musiker, aus diesen Gedichten Songs gemacht. Er hat verschiedene Sängerinnen und Sänger gefragt, ob sie nicht Lust hätten, an einer CD mitzuwirken. Und ich habe gesagt, ich bin sehr gerne dabei.
Was hat Sie an dem Projekt gereizt?
Musik ist ein Träger für Emotionen. Und wenn dann noch eine Geschichte dahintersteckt, die man den Menschen mit der Musik näherbringen kann, finde ich das super.
Wie war die Zusammenarbeit mit dem Komponisten David Klein?
David hat das Gedicht »Ja« für mich ausgewählt. Musikalisch ist das etwas ganz anderes, als was unsere Band »Silbermond« sonst macht. Daher war ich erst unsicher, ob ich der Melodie, die David geschrieben hat, gerecht werden würde. Wir haben dann das Lied im Studio gemeinsam aufgenommen, und ich war selbst überrascht, was daraus geworden ist.
War der Probenprozess sehr mühsam?
Am Anfang habe ich eine Weile gebraucht, um eine Beziehung zu dem Gedicht von Selma herzustellen. Aber je öfter ich es gesungen habe, umso intensiver wurde es, umso besser habe ich es gesungen, mit mehr Gefühl. Diese wenigen Zeilen haben mich mehr und mehr in ihren Bann gezogen.
Wie kommt es, dass diese Gedichte, die ein 15-jähriges Mädchen in den 40er-Jahren geschrieben hat, noch heute berühren?
Die Geschichten, die Selma erzählt, haben nicht unbedingt einen historischen Bezug. Es gibt in ihnen nirgends einen Hinweis auf ihre Entstehungszeit. Wenn man es unbefangen liest, sind es einfach die Geschichten eines jungen Mädchens, das zum ersten Mal verliebt ist, das über Träume und Ängste schreibt. Das ist etwas, was jeder schon einmal erlebt hat und nachvollziehen kann, ganz unabhängig vom Alter.
Wollen Sie Ihren Fans, die zu den Konzerten kommen, auf diese Weise auch die Geschichte des Dritten Reichs ein wenig näherbringen?
Ja, aber wir wollen nicht mit der Tür ins Haus fallen. Wir stellen uns nicht hin und sagen: »Nun passt mal auf!«. Ich finde es auch nicht schlimm, wenn Leute einfach nur zu den Konzerten kommen, weil sie die Musik oder die Texte schön finden. Das Interesse für den Hintergrund kommt dann von ganz alleine.