Dialog

»Das Interesse scheint gering«

»Das Interesse
scheint gering«

Günter Bernd Ginzel über den Dialog zwischen Juden und Muslimen

Herr Ginzel, Sie sind seit 30 Jahren aktiv im jüdisch-muslimischen Dialog. Mit wem sprechen Sie?
ginzel: In der Regel mit Vorsitzenden islamischer Vereinigungen oder mit Referenten, selten aber mit Gemeinden. Die Gespräche finden auf Tagungen oder Kongressen statt, manchmal zwischen Tür und Angel.

Worüber sprechen Sie?
ginzel: Meist sind es theologische Themen, die weit entfernt sind von dem, worüber wir eigentlich sprechen müssten. Um Probleme und Ängste geht es selten, denn die muslimische Seite ist wenig geübt im selbstkritischen Diskurs.

Wirkt der Dialog in die muslimischen Gemeinden hinein?
ginzel: Nein. Eine stille Regie, so hat es manchmal den Anschein, sorgt dafür, dass die Basis kaum mitbekommt, in welchem Umfang zum Beispiel Juden mit Muslimen solidarisch sind. Wenn Muslime fremdenfeindlich angegriffen werden, können sie mit der Unterstützung jüdischer Gemeinden rechnen. Wenn es darum geht, Muslime vor jüdischen Dummschwätzern zu schützen, dürfen sie sicher sein, dass andere Juden ihre Stimme erheben. Doch von Ausnahmen abgesehen, ist dies leider eine Einbahnstraße. Ich bin sehr ernüchtert.

Was hat sich im Laufe der vergangenen 30 Jahre am jüdisch-muslimischen Dialog verändert?
ginzel: Er geht zurück. Das Interesse jenseits offizieller Anlässe scheint gering. Die muslimische Seite spricht oft lieber mit Christen.

Wie groß ist in jüdischen Gemeinden das Interesse, mit Muslimen zu sprechen?
ginzel: Es ist leider vollkommen unterentwickelt. Viele haben Angst, weil es unter Muslimen einen offen geschürten Antisemitismus gibt. Trotzdem müssen wir das Gespräch weiterführen und sehr viel stärker die säkularen und intellektuellen Muslime einbeziehen.

Welche Folgen für den jüdisch-muslimischen Dialog hat der Anschlag auf den Frankfurter Rabbiner?
ginzel: Es wächst die Frustration darüber, mit welchem Gleichmut viele Muslime auf verbrecherische Ideologien in den eigenen Reihen reagieren. Der Angriff auf den Rabbiner mag spontan geschehen sein, doch motiviert wurde er durch eine politische und theologische Indoktrination. Ein Dialog hat nur Sinn, wenn diese Thematik nicht ausgeklammert wird.

Mit dem Publizisten sprach Tobias Kühn.

Berlin

Schimon Stein: Jüdisches Leben in Deutschland bleibt bedroht

»Der Schutz des jüdischen Lebens ist zum deutschen Mantra geworden«, so der Ex-Botschafter

 23.10.2024

Schloss Meseberg

Scholz dankt Katar für Vermittlung im Nahost-Krieg

Das Emirat ist Vermittler, gilt aber auch als Terror-Finanzier

 23.10.2024

Nahost

Baerbock macht sich in Beirut Bild der Lage

Die Außenministerin warnt vor »völliger Destabilisierung« des Libanon

 23.10.2024

Nahost-Krieg

London schränkt Waffenexporte nach Israel ein

Staatssekretärin Anneliese Dodds spricht von einer Begehung mutmaßlicher Kriegsverbrechen

 23.10.2024

Video

Was Sinwar kurz vor dem Überfall auf Israel machte

Die israelischen Streitkräfte haben Videomaterial veröffentlicht, das Yahya Sinwar am Vorabend des Hamas-Überfalls am 7. Oktober 2023 zeigt

 20.10.2024

Gaza

100.000 Dollar für jede lebende Geisel

Der Unternehmer und ehemalige Sodastream-CEO Daniel Birnbaum hat den »guten Menschen in Gaza« ein Angebot gemacht

 20.10.2024 Aktualisiert

Feiertage

Chatima towa, oder was?

Was von Rosch Haschana über Jom Kippur bis Sukkot die korrekte Grußformel ist

von Rabbiner Yaacov Zinvirt  24.10.2024 Aktualisiert

Baden-Württemberg

Jüdisches Mosaik in Karlsruhe beschädigt

War es ein Unfall, Vandalismus oder eine gezielte Tat?

 15.10.2024

80. Jahrestag

Gedenkstätte Sachsenhausen erinnert an ermordete KZ-Häftlinge

Auch mehrere Kinder und Enkel von Opfern nahmen teil

 14.10.2024