Herr Rabbiner, Sie waren einst ein enger Freund von Michael Jackson. Was verbinden Sie mit dem vor Kurzem verstorbenen Popmusiker?
Auf der einen Seite liebte ich ihn, er hatte eine zarte und sanfte Seele. Er zollte den Menschen, denen er begegnete, tiefen Respekt. So möchte ich ihn in Erinnerung behalten. Aber es gibt auch die andere, dunkle Seite in Michaels Leben. Und leider ist es ihm nicht gelungen, darauf Einfluss zu nehmen. Bis sie ihn schließlich das Leben kostete. Das ist traurig, eine echte Tragödie, eine Verschwendung menschlichen Lebens.
Sie waren eine Zeit lang einer seiner
engsten spirituellen Berater. Heißt das, dass Michael Jackson Interesse am Judentum hatte?
Er hatte Interesse an der Religion. Aber das bedeutet nicht, dass er jüdisch werden wollte. Er fand vieles spirituell sehr anregend. Mi-
chael kam häufig zu uns nach Hause, um Schabbat zu feiern. Und er besuchte mit mir die Synagoge. Wir haben viele Geschichten aus der Tora diskutiert.
Wie passt das zu den Vorwürfen, dass er 2005 angeblich judenfeindliche Bemerkungen gemacht haben soll?
Ich hatte damals keinen Kontakt mehr zu Michael. Ich habe aus den Medien erfahren, dass es Tonbandaufnahmen von diesen antisemitischen Bemerkungen geben soll. Wenn es sie gibt, wird das wohl wahr sein. Aber er war kein Antisemit. Michael hat unglücklicherweise viele dumme Dinge in seinem Leben gesagt. Er stand häufig unter dem Einfluss starker Medikamente. Wer weiß, ob ihm immer klar war, was er sagte. Ich entschuldige das nicht. Antisemitismus sollte nie verteidigt werden. Ich stelle es nur in einen Kontext.
Sie haben in Interviews mehrfach darauf hingewiesen, dass sich der »King of Pop« auf dem Weg der Selbstzerstörung befand. Klingt wie eine Prophezeiung.
Es war vorhersehbar, dass es so enden würde. Nur eine Kehrtwende seinerseits hätte das Schlimmste abwenden können.
Unmittelbar nach seinem Tod haben Sie gesagt, dies sei nicht nur Michael Jacksons persönliche Tragödie, sondern auch unsere. Wie meinen Sie das?
Michael war ein Idol. Er hat die Menschen fasziniert. Gleichzeitig verkörperte er die vielen Widersprüche in unserer Gesellschaft. Zum Beispiel halten Amerikaner Schönheitsoperationen prinzipiell für eine gute Sache. Ihn haben sie dafür kritisiert. Amerikaner wollen Superstars werden, reich und berühmt. Michael war es. Glücklich hat es ihn aber nicht gemacht. Michael war so wie andere Amerikaner, nur extremer. Ich hoffe, dass sein Tod nicht vergeblich war. Dass sich Menschen das Ende eines so vielversprechenden Lebens zu Herzen nehmen. Wir müssen aus seinem Tod die Lehre ziehen, dass Ruhm nicht gleich Glück ist, Aufmerksamkeit nicht Liebe. Fans zu haben, ist nett. Aber entscheidend sind nun mal Familie und Freunde.