von Brigitte Jähnigen
Sport und Purim gehören für die Stuttgarter Gemeinde traditionell zusammen. Alljährlich nimmt der TSV Makkabi Stuttgart das Losfest zum Anlass, auch sich selbst zu feiern und das jetzt schon seit 30 Jahren. Das Jubiläum wird an diesem Samstagabend zu einem überbordenden Fest im Ballsaal des Hotels »Le Méridien«.
Freilich war bei der Wiedergründung des Vereins 1979 an ein so nobles Ambiente mit 320 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Vereinen, Verbänden und Mitgliedern der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg nicht zu denken. So wird an diesem Abend auch die Aufbau- und Integrationsleistung von Makkabi gewürdigt. 14 sportbegeisterte Frauen und Männer gründeten vor 30 Jahren den Turn- und Sportverein (TSV) Makkabi Stuttgart. »Damals feierten wir im Gewerkschaftshaus – und doch hatten die wenigen Vereinsmitglieder auch damals alle Hände voll zu tun, um den Sportlerball aus eigenen Kräften zu stemmen«, erzählt Vereinsvorsitzender Martin Widerker. »Mitgliedsbeiträge und Zuschuss von der jüdischen Gemeinde reichten nicht aus, die sportlichen Aktivitäten zu finanzieren, also wurde ein Ball initiiert«, erinnert sich der Mann der ersten Stunde. Die Rechung mit dem Ball ging auf, und das Vereinsleben stand zumindest für eine Weile auf finanziell sicheren Füßen.
Die sportlichen Anfänge waren bescheiden. Eine Sparte konnte Makkabi anbieten, nämlich Volleyball. Im 31. Jahr seines Bestehens wetteifern 140 Mitglieder in fünf Sportarten miteinander: Fußball, Baskettball, Volleyball und Tischtennis um den Sieg. Alexander Ginsburg (25), Christian Jung (40) und Alexander Mezler (20) spielen bei Makkabi Tischtennis. Wichtig sind den drei Aktiven vor allem die sportlichen und sprachlichen Herausforderung und die Kontakte, die sie im Verein knüpfen können.
Alexander Ginsburg kam als Kind aus St. Petersburg nach Deutschland, Christian Jung ist am Bodensee geboren und Alexander Mezler in Omsk/Sibirien. Ginsburg ist Ingenieur für Vertrieb Automatisierungstechnik und gläubiger Jude, Jung Betriebswirt und aus der Kirche ausgetreten, Mezler Auszubildender als Kaufmann im Groß- und Außenhandel und gläubiger Christ. Übereinstimmend sagen die drei: »Religiöse Themen und politische Fragen spielen bei uns kaum eine Rolle.« Bei ihnen stehen menschliche und sportliche Fairness im Vordergrund. Ihr größter sportlicher Erfolg war die Bezirks-Pokalmeisterschaft. An der Makkabiade 2009 in Israel wird wohl niemand von ihnen teilnehmen. »Wir haben derzeit keine Chancen«, sagt Dimitri Polski. »Ich habe gute Spieler, aber sie müssen Juden sein, um an der Makkabiade teilnehmen zu können«, so der Trainer beim TSV-Makkabi.
Als »hoffnungsvolles Signal für den Dialog« wertet Charlotte Knobloch, an diesem Abend Ehrengast, die Tatsache, dass immer mehr nichtjüdische Sportler Makkabi beitreten. »Wir können Solidarität nicht vom Rathaus her verordnen, umso mehr würdigen wir ihre Integrationsleistung, die neu zugezogenen Bürgern in ihrem Verein eine Heimat gibt«, sagt Oberbürgermeister Wolfgang Schuster. »Makkabi Stuttgart ist im Verbund der 5.500 Sportvereine in Baden-Württemberg ein ganz besonderer Verein, bestätigt auch Frank Tappeser. Der Präsident des Württembergischen Landessportbundes verlieh Martin Widerker für seine Verdienste in 30 Jahren als Vereinsvorsitzender die Ehrennadel in Gold.