Bislang von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, wird sich das Recht der Eheschließung ab dem kommenden Jahr grundlegend ändern. Mit der Streichung der Para-
grafen 67 und 67 a des Personenstandsgesetzes können sich Paare auch dann kirchlich trauen, wenn sie nicht zuvor standesamtlich geheiratet haben. Das betrifft auch die Heirat nach jüdischem Recht.
Während inzwischen die Gesetzesreform in der christlichen und muslimischen Öffentlichkeit – dort geht es zum Beispiel um das Thema Zwangsheirat – diskutiert wird, ist die Änderung in vielen jüdischen Gemeinden eher noch kein Thema. Dennoch wird sie auch dort erhebliche Auswirkungen haben. Denn seit Einführung der Zivilehe in Deutschland im 19. Jahrhundert war es eine Straftat und später eine Ordnungswidrigkeit, wenn Geistliche die Heiratswilligen vor einer standesamtlichen Eheschließung nach kirchlichem Recht verbanden. So muss bislang auch in den Kultusabteilungen der jüdischen Gemeinden eine standesamtliche Heiratsurkunde vorgelegt werden, bevor Paare unter die Chuppa treten können. Das ist ab Januar 2009 nicht mehr erforderlich. Rabbiner dürfen auch ohne staatliche Papiere trauen.
Esther Caspary, Berliner Fachanwältin für Familienrecht, verweist jedoch darauf, dass die Eheschließung unter der Chuppa – auch wenn sie vom Gemeinderabbiner mit Zeugen und Ketuba geschlossen wurde – im weltlichen Sinne nicht anerkannt ist. »Das ist keine Eheschließung im staatlichen Sinne. Die Partner befinden sich auch danach in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.« Dies ist angefangen von der Steuerklasse bis zum Erbfall von Bedeutung. Manche Fragen könnten Paare neben der Ketuba, also dem religiösen Ehevertrag, mit einem nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch anerkannten Vertrag regeln.
Bei der Allgemeinen Rabbinerkonferenz ist die Gesetzesänderung bereits auf der Tagesordnung. Auch die Orthodoxe Rabbi-
nerkonferenz diskutiert das Thema, sagt dessen kommissarisches Vorstandsmitglied Avichai Apel: »Wir beobachten die aktuelle Debatte mit großem Interesse.« Um eine Vereinheitlichung der von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich gehandhabten Anerkennung jüdischer Eheschließungen zu erreichen, könnte man über ein zentrales jüdisches Familienstandsregister für die Bundesrepublik nachdenken, meint der Rabbiner. Benno Bleiberg, Kultusdezernent der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und selbst Anwalt, begrüßt diese Idee. Ansonsten sieht er der Umsetzung der Reform gelassen entgegen: »Damit wird eigentlich nur eine in vielen Ländern bereits anerkannte Rechtslage auch bei uns übernommen.« Detlef David Kauschke
Personenstandsrecht