Krakau

Chasan unterm Kruzifix

Alfred Schreyer, 85 Jahre alt, Überlebender mehrerer Konzentrationslager, singt auf einer riesigen Bühne in Krakau »Hevenu Schalom Aleichem«. Tausende Menschen begleiten ihn mit rhythmischem Klatschen, das immer lauter wird. Zum Schluss jubelt der ganze Platz.
Neun Tage lang, vom 23. Juni bis 1. Juli, zelebrierten im ehemaligen jüdischen Viertel Kazimierz Zehntausende Polen jüdische und israelische Kultur mit 29 Konzerten, 17 Workshops, sechs Ausstellungen, unzähligen Lesungen, Führungen und einem Filmfestival. Nirgendwo außerhalb Israels wurde der 40. Jahrestag der Vereinigung Jerusalems so groß gefeiert. »Ich liebe Jiruschalaim von ganzem Herzen«, sagt Festivalleiter Janusz Makuch. »Als religiöser Mensch musste ich das traditionelle Kantoren-Konzert der Wiedervereinigung Jerusalems widmen.«.
Dabei ist der Mann mit der großen orientalischen Kippa selbst nicht jüdisch. Das hat er mit fast allen Festivalbesuchern gemein. »In Polen fühlt man die Abwesenheit der Juden«, erklärt der jüdische Journalist und Schriftsteller Konstanty Gebert, Herausgeber der Zeitschrift Midrasz. »Man sieht verlassene Gebäude mit einer merkwürdigen Architektur, Friedhöfe mit Aufschriften, die man nicht lesen kann. Und man hört das Schweigen im Gespräch mit den Eltern. Das alles erweckt Neugier.«
Neugierig sind auch die rund fünfzig christlichen Polen bei einem Workshop des orthodoxen Kantors Benzion Miller. Sie singen fleißig Jerusalem-Nigunim mit, von denen sie kein Wort verstehen. Die Texte wurden für sie ins Polnische tran-skribiert, aber nicht übersetzt. Fröhlich trällern sie »Yiboneh Hamikdosh« (Der Tempel soll gebaut werden). Miller, Kantor, Schächter und Beschneider einer orthodoxen Gemeinde in Brooklyn, kommt schon seit zehn Jahren zum Krakauer Festival. Dieses Jahr störte den ansonsten gut gelaunten Chasan allerdings etwas: In der Schule, in der sein Workshop stattfand, stand er beim Singen direkt unter einem Kruzifix. »Ich wollte es nicht entfernen lassen, um Auseinandersetzungen zu vermeiden. Es ist mir lieber, dass dieser Joschka unseren Gesang hört. Immerhin ist er Jude.« Igal Avidan

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