von Matilda Jordanova-Duda
Nachholende Integrationsförderung ist ein verwirrender Begriff. Lässt sich Förderung nachholen? Ja, sagt zumindest die Otto-Benecke-Stiftung (OBS), die auf ihrem 13. Forum Migration Konzepte zur Integration in Bonn vorstellen wollte. Integration bedeute in Deutschland vor allem, Deutschkenntnisse zu besitzen, betonte Albert Schmid, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die große Mehrheit der Teilnehmer an den Integrationskursen seien aber nicht wie vorgesehen Neuzuwanderer, sondern länger Ansässige, die sich aus eigener Initiative anmeldeten.
Ein Hindernis einer beruflichen Integration ist auch, dass die im Ausland erworbenen Diplome in Deutschland häufig nicht anerkannt werden, sagte Schmid weiter. Was ist zu tun? Das Migrationsamt, die Benecke-Stiftung und die Kultusministerkonferenz sollten besprechen, wo das eigentliche Problem liegt, schlug Schmid vor. Gibt es bürokratische Hürden, die es den Zuwanderern erschwerten, ihre Diplome anerkennen zu lassen oder haben die Zuwanderer tatsächlich Bildungsdefizite? Wenn Letzteres zuträfe, gelte es, Nachqualifizierung anzubieten.
»Dass hier Potenzial verschleudert wird, würde ich dreimal unterstreichen«, sagt Benjamin Bloch von der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. 80 Prozent der russischsprachigen Kontingentflüchtlinge seien Akademiker, darunter so begehrte Spezialisten wie IT-Fachleute, Ärzte und Ingenieure. Statt diese fortzubilden, versuchten die Politiker, Fachkräfte aus dem Ausland zu holen. Die bereits Eingewanderten aber müssen sich mit Jobs unter ihrer Qualifikation begnügen oder von Hartz-IV leben.
Viktor Ostrowski vom Kölner Integrationszentrum »Phönix«, einer Selbsthilfeorganisation der Russischsprachigen, weiß, was das bedeutet. Und er will Gleichgesinnte finden. Vor einigen Wochen warb Ostrowski in der Kölner Synagogengemeinde für seine neue Idee »Demokratiemultiplikatoren«. »Wir wollen gebildete und lernwillige Menschen finden, die mit ihrer heutigen Situation unzufrieden sind. Ihnen geben wir die Möglichkeit zu lernen, wie man einen gemeinnützigen Verein gründet, welche gesellschaftliche Infrastruktur es vor Ort gibt und wie sie ihre Interessen vertreten.«
Von Nachqualifizierung auf breiter Front kann bislang noch nicht die Rede sein. Zwar gibt es seit Langem das Akademikerprogramm der Benecke-Stiftung für Neuzuwanderer, doch es kann nur wenige fördern. Viele Arbeitsagenturen wollten lieber Ein-Euro-Jobs statt einjähriger Studienergänzungen finanzieren, sagt Dagmar Maur, Leiterin des Akademikerprogramms der Stiftung. Die Universität in Oldenburg bietet als einzige einen Lehrgang für Zugewanderte an. 24 Zuwanderer mit pädagogischer Vorbildung sowie Berufserfahrung können dort seit Juli 2006 Sozialarbeit und -pädagogik studieren. Rolf Meinhardt, Professor an der Universität, sagt seinen Absolventen gute Arbeitsaussichten in den jüdischen Gemeinden voraus. Studiengänge für Informatiker und Bauingenieure sollen folgen. Auf diese Weise können Zugewanderte tatsächlich nachträglich integriert werden.