von Olaf Glöckner
Herr Sauer, ein notorischer Langschläfer, und seine schwatzhafte Partnerin Frau Lu-stig haben Streit. Ausgerechnet unterm Granatapfelbaum, fast so wie einst bei Adam und Eva im Garten Eden. Der kleine Unterschied nur: Herr Sauer und Frau Lustig sind holzgeschnitzt und werden gesteuert. Über das Paar amüsiert sich ein Dutzend Mädchen und Jungen: Willkommen im Ferienprogramm des Jüdischen Museums in der Lindenstraße.
Mit seinem improvisierten Theater bricht Pädagoge Olaf Reinstorf mühelos das Eis zu den Kindern, die ihn gleich mit Fragen auf Trab halten. Was denn Granat-äpfel mit dem Judentum zu tun hätten, möchte Tino gern wissen. Schon landen die Kinder beim Jüdischen Neujahrsfest und vergleichen den Gregorianischen, Jüdischen und Muslimischen Kalender. Am Granatapfelbaum dürfen sie noch eigene Wünsche anbringen und sich so im Museum »verewigen«. Derweil holt Reinstorf aus seinem Koffer eine zierliche Me-
nora und erklärt die Symbolik der Zahl Sieben. »Wie feiern die Juden Schabbat?«, will Sabine wissen, und flugs geht es zur Glasvitrine mit Schabbat-Kerzen, Wein und Challot. Dann zeigt Reinstorf mit bunten, kunstvoll gearbeiteten Kippot, welche Kopfbedeckung jüdische Männer seit vielen Jahrhunderten in der Synagoge tragen. Zusammen wird nachgeprüft, ob ein Tallit tatsächlich an jeder der vier Ecken fünf Knoten und acht Bänder enthält. Oskar fragt nach dem neunarmigen Leuchter und erfährt alles Wichtige über Makkabäer-Aufstand und Chanukka-Wunder.
Zwei Stunden unterhält Olaf Reinstorf die Kinder, führt sie ins Mittelalter und in die Neuzeit. Als er den Aufbau und Inhalt einer Torarolle erklärt, beweisen die Kinder ihre Vorkenntnisse aus dem Religionsunterricht. Einige nicken, als die Rede auf die fünf Bücher Mose kommt. Auch die Gesetzestafeln vom Berg Sinai scheinen festes Allgemeinwissen zu bilden. Erst bei den 613 Mizwot wird es ein wenig kompliziert. Doch nicht nur für Kopf und Hirn, auch fürs Auge wird bei der Führung gesorgt. Reinstorf führt die Gruppe zu einem farbenfrohen, kreisrunden jüdischen Kalender mit Sternzeichen, dann zeigt er ihnen kunstvolle Miniaturmodelle von unterschiedlichen Synagogen. In der Kinderecke warten Fühlboxen, Klettersteig und hebräische Buchstaben. Zum letzten Highlight ist dann ein Bingospiel mit Karten zur jüdischen Geschichte und Gegenwart dran. Ganz nebenher lässt sich dabei erfahren, dass das laufende jüdische Jahr die Ziffer »5768« trägt, der moderne Staat Israel im Jahre 1948 gegründet wurde, die Mischna in sechs Ordnungen unterteilt ist und das Jüdische Museum 361 Tage im Jahr geöffnet hat.
Nächster Termin: 25. August, 11 Uhr.