Die jüngsten gehen noch in die Grundschule. Während der Woche tauschen sie mit ihren Freunden Sammelaufkleber aus, am Wochenende setzen sie sich die Flaschen an den Hals. 19 Prozent der elfjährigen Jungs und acht Prozent der Mädchen sagen, sie konsumieren mindestens einmal pro Woche Alkohol. Das geht aus einer neuen Studie der Anti-Drogen-Behörde hervor. Damit liegt Israel hinter der Ukraine auf Platz zwei beim Alkoholmissbrauch dieser Altersgruppe in Europa. Seit zwei Jahrzehnten steigt der Jugendalkoholismus in Israel, die regelmäßigen Trinker werden immer jünger. Mit verheerenden Folgen. Jetzt will die Politik einschreiten. Verschiedene Gesetzesentwürfe sollen dem Missbrauch Einhalt gebieten.
teenager Jeden Freitagabend treffen sie sich auf der Bank neben der zentralen Bushaltestelle. Es ist eine Kleinstadt in der israelischen Peripherie. Weder privilegiert noch besonders ärmlich. Durchschnitt, so wie es von Nord nach Süd viele gibt. Für diese Teenager im Alter von 13 bis 16 gibt es wenig zu tun, meist hängen sie herum, einige zieht nichts nach Hause. Frust und Langeweile sind die vorherrschenden Gefühle. Zur Betäubung schütten sie billigen Wodka in sich hinein, den ein älterer Bruder für 30 Schekel, etwa sechs Euro, im Supermarkt kauft. Manchmal trinken sie bis zur Bewusstlosigkeit.
Andere kommen aus guten Familien, wollen Party machen, »weil es dazugehört«, sich aufzuputschen und bis zum Umfallen zu feiern. Beni, heute 21, erzählt: »Das Trinken hat angefangen, als ich 14, 15 war. Erst zum Ausprobieren ab und zu. Dann wurde es schnell jedes Wochenende. Alle aus unserer Clique haben es ja getan. Irgendwann waren wir am Freitagabend immer voll.« Nach dem Abitur sei es so ausgeufert, dass seine Eltern die Reißleine gezogen und ihn zum Psychologen geschickt hätten. »Zum Glück«, weiß Beni heute, »vielleicht wäre ich sonst in etwas hineingeschlittert, wo ich so schnell nicht mehr herausgekommen wäre.«
Zwar ist Alkoholismus bei Erwachsenen im Vergleich zu anderen westlichen Ländern in Israel kein vorherrschendes Problem, wie etwa in Russland oder Norwegen, jedoch ist der Trend bei den Jugendlichen schockierend. Der Studie zufolge haben sich etwa 33 Prozent der zwölf- bis 18-Jährigen einmal im letzten Jahr, mehr als ein Viertel dieser Altersgruppe sogar mindestens einmal im Monat betrunken. Das ist ein Anstieg von fast acht Prozent im Vergleich zu 2006. Bei den 18- bis 21-Jährigen sagen über 61 Prozent, dass sie in den vergangenen vier Wochen mindestens fünf Mal getrunken haben. »Alkohol ist eine nationale Plage geworden, die die Kriminalität fördert«, sagte Sicherheitsminister Yitzchak Aharonovitch bei der Bekanntgabe der verschiedenen Gesetzesentwürfe. »Er ist wie eine Waffe, die sogar zum Mord führen kann.« Fälle, in denen Jugendliche betrunken in Auseinandersetzungen geraten und einander verletzen oder sogar töten, geschehen mittlerweile fast jedes Wochenende – vor Diskotheken oder in einem Park irgendwo im Land. Auch sind Betrunkene oft in Verkehrsunfälle verwickelt.
gesetze Die Änderungen sehen unter anderem vor, dass Erwachsene künftig mit bis zu drei Monaten Gefängnis bestraft werden, wenn sie für Minderjährige Alkohol kaufen. Außerdem sollen Verkäufe von Wodka, Rum und Co. in Kiosken und Supermärkten von 23 bis sieben Uhr gänzlich untersagt werden, in dieser Zeit dürfen in der Öffentlichkeit auch keine alkoholischen Getränke konsumiert werden. Die Polizei hat den Auftrag, Flaschen sicherzustellen und auszuleeren. Junge Menschen müssen zudem ab sofort vor jedem Kauf eine Identifikation zeigen, aus der ihr Alter zu erkennen ist. In Kneipen, Bars und Clubs wird es auch weiterhin erlaubt sein, nachts Bier, Wein oder Cocktails zu genießen, wenn vor Ort getrunken wird. Hält sich ein Lokal nicht daran, können die Behörden es für 30 Tage schließen.
Mit sofortiger Wirkung hat das Bildungsministerium die Schulleitungen beauftragt, Aufklärungsunterricht ab Klasse fünf in den Stundenplan einzubinden. Dazu hat die Anti-Drogen-Behörde jetzt zwei Broschüren gegen Komatrinken veröffentlicht. »Eine zielt auf die Unter-18-Jährigen ab und sendet die Botschaft, dass Alkohol sehr schädlich für die Gesundheit ist«, erläutert der Vorsitzende Yair Geller. Die andere ist für Erwachsene und will deutlich machen: »Wenn schon Alkohol getrunken wird, dann sollte es auf jeden Fall in Maßen sein«. Poster sollen auf die großen Gefahren des exzessiven Trinkens aufmerksam machen. »Dazu werden Freiwillige und Eltern durch Kneipen und Bars laufen, um zu warnen.« Geller hofft, dass mit der Aufklärungskampagne der Missbrauch vor allem bei jungen Menschen in den kommenden fünf Jahren um 30 bis 40 Prozent gesenkt werden kann.