von Johannes Bonke
Frank Owen Gehry, als Ephraim Goldberg 1929 in Toronto geboren, gilt als Pionier des architektonischen Dekonstruktivismus. Mit absurden Formen, die sich in kein Schema zwängen lassen, entwirft er Gebäude, die sich wellen, biegen, brechen – kurz, die alles sind, nur nicht gerade. Seine zu Stein, Stahl und Glas gewordenen futuristischen Gedankenblitze sind den wenigsten begreifbar und fesseln die Menschen dennoch. 140 Angestellte arbeiten für den 77-Jährigen, dessen Bauwerke in den USA, Japan, Spanien, der Schweiz, Schottland und nicht zuletzt in Deutschland stehen: das Guggenheim Museum in Bilbao, die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, der neue Zollhof in Düsseldorf, das Gebäude der DG-Bank in Berlin, der Gehry-Tower in Hannover.
In seiner Dokumentation Sketches of Frank Gehry, die an diesem Donnerstag in die deutschen Kinos kommt, porträtiert Hollywoodstarregisseur Sydney Pollack jetzt den Menschen hinter den architektonischen Meisterwerken. »Und das«, so der Oscarpreisträger von 1985 (für Jenseits von Afrika), »obwohl ich eigentlich gar kein besonderes Fachwissen in Sachen Architektur besitze.« Dafür ist Pollack mit Gehry eng befreundet. Die beiden lernten sich in den 80er-Jahren auf einer Party kennen und schätzen. Fünf Jahre lang begleitete der Regisseur den Architekten mit einer simplen DV-Kamera durch seinen Arbeitsalltag. So wurde ihm allmählich – so wie im Film uns, den Zuschauern – das gedankliche Konzept begreifbar, das hinter Gehrys Formen steckt. Pollack zeigt den Entstehungsprozess der Gehryschen Gebäude, von den ersten abstrakten Skizzen, die in simple Modelle umgesetzt werden und schließlich als zeitlose Monumentalbauten real werden.
Aber nicht nur der Architekt, auch der Regisseur gibt in diesem Film einiges von sich preis, vor allem in den Gesprächssequenzen mit Gehry. Pollack wäre zwar lieber, wie gewohnt, hinter der Kamera geblieben. Sich selbst aufnehmen zu lassen, bezeichnet er im Film als »schrecklichen Narzismus«, dem er nach langem Zögern nur auf Anraten seines Produzenten zugestimmt habe.
Zum Glück: Gerade diese duale Gesprächsführung macht die Dokumentation so interessant und besonders: Da sitzen zwei befreundete Visionäre, die sich aus ganz unterschiedlichen Perspektiven mit dem Dekonstruktivismus auseinandersetzen und so noch die skurrilsten Bauwerke erklären können. Ein hochamüsanter und spannender Film.