von Christine Schmitt
Gelassen lehnt Arthur am Lehrerpult, das Saxophon bereits griffbereit in der Hand. Jetzt singt er aber erst einmal kräftig mit den anderen Schülern der Jüdischen Oberschule die Moritat von Mackie Messer. »Und der Haifisch, der hat Zähne«, singen die Sechst- und Siebtkläßler unisono die ersten Strophe der Brechtschen Dreigroschenoper. Es ist Montagfrüh, auf dem Stundenplan steht Musikunterricht. Doch heute ist die Theorie gestrichen, denn es muß kräftig geprobt werden. Es bleibt nur noch wenig Zeit, dann haben die Schüler ihren großen Auftritt im Großen Saal der Neuen Synagoge, Centrum Judaicum. Gemeinsam mit der Big Band und dem Bläserorchester der Partnerschule Nicolaus Cusanus-Gymnasium aus Bergisch-Gladbach wollen sie am Donnerstag ein »stimmungsvolles Konzert« geben, sagt der Musiklehrer Boris Rosenthal.
»Ich höre euch nicht«, ruft Rosenthal, während seine Finger über die Tasten des Flügels gleiten und den Chor begleiten. Die Stimmen der 30 Schüler werden trotz Ermahnungen immer leiser. Rosenthal unterbricht schließlich: »Meine Damen und Herren, die Ballade von Mackie Messer hat elf Strophen. Ihr müßt an der Stimmung und Lautstärke festhalten«, sagt er.
Dann gibt er Arthur ein Zeichen. Der Zehnjährige setzt an und begleitet gekonnt mit seinem Saxophon die nächste Strophe. Seit zweieinhalb Jahren spielt er das Instrument. Kürzlich hat er beim Wettbewerb »Jugend musiziert« den ersten Preis gewonnen. Aufgeregt vor seinem Konzertauftritt? »Keine Spur«, so Arthur.
Trotz seines eigenen wichtigen Solospiels will er das Bläserorchester der Partnerschule genau beobachten. Mehr als 50 Musiker gehören dem Orchester an. Auf deren Programm stehen Filmmusiken, Lieder von Eric Clapton und als ein Höhepunkt ein Schlagzeugsolo »Fascinating Drums«. Die Big Band will traditionellen Jazz der Klassiker wie Duke Ellington, Count Basie oder Glenn Miller wie auch moderne Rhythmen aus den Bereichen des Rock, Funk oder Soul interpretieren. Einige Soloparts werden die Schüler der Jüdischen Oberschule übernehmen und den mehr als 50köpfigen Chor stellen.
Schon vor drei Jahren hatten die jungen Musiker aus Bergisch-Gladbach ihre ehemalige Schulleiterin und jetzige Direktorin der Jüdischen Oberschule, Barbara Witting, besucht und ein Konzert gegeben.
»Der Song von Mackie Messer gefällt mir besonders gut«, sagt Sellenia aus der sechsten Klasse. Manche Schüler hätten allerdings auch gerne Songs wie »Yesterday« gesungen, sagt sie. Ziemlich viele Auftritte haben die Schüler derzeit. An Gedenktagen singen sie öfters, jetzt hatten sie dem American Jewish Committee zum 100. Bestehen ein »Mazel Tov« dargeboten, im jüdischen Altersheim waren sie vergangene Woche und in der nächsten ist ein kleines Konzert in einem anderen Seniorenheim geplant.
»Das ist doch schon etwas anderes«, ruft Boris Rosenthal seinen Schülern zu, die nun temperamentvoll und engagiert dabei sind. Nun geht es an die Feinarbeit. Zu der ersten bekannten Melodie soll noch eine ruhigere zweite Stimme hinzukommen. Die sechste Klasse soll das probeweise mal machen. Am Ende der Stunde hören sich die elf Strophen schon so stimmgewaltig an, daß die Pausenklingel kaum noch zu hören ist.
Konzert: Donnerstag, 30. März, 19 Uhr, Centrum Judaicum, Oranienburger Straße 29