Armenier-Resolution

Beziehungskrise

von Eva C. Schweitzer

Das Vorhaben des US-Kongresses, den Völkermord an den Armeniern zu verurteilen (vgl. Jüdische Allgemeine vom 30. August), zieht Kreise. Nachdem der Auswärtige Ausschuss letzte Woche einer solchen Resolution zugestimmt hat, hat die Türkei ihren Botschafter abberufen. Und: Falls die Resolution durch das Repräsentantenhaus komme, werde man den USA die wichtigen Nachschubwege in den Irak abschneiden. Daher hatten Außenministerin Condoleezza Rice und Pentagonchef Robert Gates versucht, den Kongress umzustimmen; Präsident George W. Bush wird womöglich sein Veto einlegen.
Die jüdischen Organisationen der USA halten sich bedeckt. Denn die Türkei, neben Israel die einzige Demokratie im Nahen Osten, ist ein Verbündeter Israels. Der israelische Botschafter in der Türkei, Gabby Levy, sagte, Israel habe alles getan, um die Resolution zu stoppen. Hingegen erkennt Morton Klein, Präsident der Zionist Organisation of America, den Völkermord an. Auch die Anti-Defamation League erklärte, der Mord an den Armeniern sei »gleichbedeutend mit Völkermord«. Aber die Resolution sei kontraproduktiv, sie werde der Aussöhnung zwischen Türken und Armeniern nicht helfen, schade den türkischen Juden und gefährde die Beziehung zwischen den USA, Israel und der Türkei. Die jüdische Wochenzeitung Forward schrieb: »Israel braucht die Freundschaft der Türkei. Sich an Völkermord zu erinnern, ist wichtig, aber nicht so wichtig, wie heute Leben zu retten.«
Die armenische Lobby in den USA drängt seit Jahrzehnten darauf, die Tötung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern im Ersten Weltkrieg als Völkermord zu werten. Die Türkei räumt zwar ein, dass es Tote gegeben hat, aber das sei bei Kämpfen passiert, und auch Türken seien umgekommen. Schon mehrfach wollte der Kongress solche Resolutionen einbringen, wurde jedoch immer wieder zurückgepfiffen. Nun haben sich die Exilarmenier hinter die Chefin der Demokraten, Nancy Pelosi, gestellt, die die Resolution unterstützt. Vielen Amerikanern passt dies nicht. »Das macht es für unsere Jungs schwerer, im Irak zu kämpfen«, hieß es in der Washington Post. Manche vermuten, dass dies ein Trick von Pelosi sei, den Irakkrieg zu sabotieren.
Der Historiker Niall Ferguson warnte in der Los Angeles Times davor, dass nun womöglich die USA für einen Völkermord im Irak verantwortlich gemacht werden könnten. Die New York Times hält sich bedeckt. Das Blatt hatte aber ein ähnliches Gesetz in Frankreich verurteilt: Frankreich solle lieber seine eigenen Völkermorde, etwa in Algerien, anerkennen.

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