von Daniela Breitbart
Die Welt hat sich verändert. Spielte, wenn in jüdischen Kreisen Europas von interreligiösem und interkulturellem Dialog die Rede war, lange Zeit nur das Gespräch mit Christen eine Rolle, ist damit heute immer häufiger der Dialog mit der muslimischen Welt gemeint. »Interkultureller Dialog – Wahrnehmung und Realität« war auch das Thema der jüngsten Europäischen Konferenz des International Council of Jewish Women (ICJW) Mitte März in Brüssel, an der 140 Frauen aus 21 Ländern teilnahmen.
Mit Diskussionen über das europäische Judentum und Multikulturalismus, mit Lebensberichten von Frauen aus unterschiedlichen Kulturen, mit Vorträgen, Workshops und Gesprächen wollten die Frauen für die verschiedenen Welten sensibilisieren. Das Ziel ist, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit vorzubeugen.
Bei ihren Konferenzen schulen die ICJW-Repräsentantinnen Frauen und zeigen ihnen, wie man mit Regierungsvertretern oder Vertretern von Nichtregierungsorganisationen (NGO) spricht: Was kann man tun, was kann man erwarten, wo darf man sich keine Illusionen machen, waren die Leitgedanken der Gespräche, Diskussionen und Erfahrungsberichte. Hauptanliegen der Frauen sind: mehr Aufmerksamkeit und Aktivität für die Gleichberech- tigung der Geschlechter und der Kampf gegen Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen vor allem im religiösen Kontext.
Der ICJW wurde 1912 in Rom gegründet, 1923 luden die Frauen zu ihrem ersten Kongress nach Wien ein. 1929 folgte der zweite Kongress in Hamburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der ICJW bereits am 29. Mai 1949 in Paris wieder ins Leben gerufen, von Vertreterinnen aus den USA, Kanada, Südafrika, Australien, England und der Schweiz. Heute kämpfen die Frauen weltweit für Menschen- und für Frauenrechte und gegen Judenfeindschaft.
»Antisemitismus ist bei uns ein Dauerthema«, sagt ICJW-Vizepräsidentin Vera Kronenberg. Sie ist unermüdlich, hat Kontakte zu zahlreichen jüdischen und nichtjüdischen Organisationen geknüpft. Ihre Organisation kämpft dafür, dass Kinder und Behinderte gleichberechtigt werden, sie sensibilisiert für Gesundheit und Umweltschutz. Die Frauen werden geschult und ermutigt, Führungsaufgaben zu übernehmen. »Auch der Einsatz gegen Gewalt in der Familie ist ein großes Thema«, so Kronenberg.
Ein großes Thema sind auch die Aktionen im Vorfeld der geplanten UN-Weltkonferenz gegen Rassismus, die nächstes Jahr stattfinden soll. »Die Konferenz im Jahr 2001 in Durban war ein rechter Schock, sie war stark antisemitisch geprägt, und Israels Legitimität wurde in Frage gestellt«, sagt Kronenberg. »Diesmal wollen wir die Weichen frühzeitig stellen.«
Durch das Treffen mit UN-Watch sei ein kleines Netzwerk entstanden, sagt Kronenberg. Der ICJW habe heute bei allen UN-Agenturen Vertreterinnen, die sehr aktiv seien. Und vor wenigen Tagen habe es eine Begegnung mit der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, gegeben. Gespräche, Diskussionen, Netzwerke bilden und Strategien entwickeln, das ist das Handwerkszeug der ICJW-Frauen. »Wir sind nur Freiwillige«, sagt Kronenberg, doch die Erfolge sprechen für sich. Der ICJW ist in vielen internationalen Organisationen vertreten und ein geschätzter Gesprächspartner von Parlamentariern und Nichtregierungsorganisationen.
Mit ihrem politischen Engagement will Vera Kronenberg »etwas verändern«. Sie ist begeistert von den weltweiten Kontakten, die sie durch den ICJW knüpfen konnte: »Ich treffe überall blitzgescheite und engagierte Frauen.«
www.icjw.org