von Renate Zöller
»Aus dem Café in die Sporthalle – und schnell wieder zurück« ist auf den T-Shirts der Spieler von Hakoach Prag zu lesen. Sie sitzen noch plaudernd auf ihren Bänken, als die Kölner Mannschaft schon die Hände aufeinanderlegt und den Kampfschrei »Makkabi chai« aufs Feld schickt. »Auch das noch. Die haben uns in wenigen Minuten besiegt«, befürchtet ein Hakoach-Spieler.
Um den Sieg geht es nur an zweiter Stelle beim deutsch-tschechischen Volleyballturnier. Hier will man Menschen zusammenbringen und die Beziehungen zwi- schen den beiden jüdischen Gemeinden pflegen. Vier Tage sind die Kölner bei der Prager Gemeinde zu Gast. Sie lernen das jüdische Viertel kennen und besichtigen die Synagogen und den Friedhof. Am Ende steht dann das große Match, bei dem fünf Mannschaften gegeneinander antreten.
»Zum ersten Mal spielt eine Makkabi-Mannschaft auf einem Turnier gegen die jüdischen Mannschaften aus Prag.« Daß es soweit kam, ist Petr Wellemin und Harry Farkas zu verdanken. Farkas stammt aus Tschechien und lebt seit den 60er Jahren in Deutschland. So oft er kann, kommt er nach Prag und trainiert dort mit Hakoach. Bei einem Bier nach dem Training entstand die Idee, die beiden Mannschaften zusammenzubringen. Petr Wellemin, Präsident von Hakoach, hat von Prag aus das Sportlertreffen organisiert. Er hofft, daß dieses erste Match nur der Anfang ist: »Daraus könnte ein internationales Turnier mit vielen jüdischen Mannschaften werden.«
International ist das Turnier schon jetzt. Auf dem Spielfeld werden auf russisch und tschechisch Kommentare gerufen. Bis auf Harry Farkas kommen sämtliche Spieler von Makkabi Köln aus Rußland, der Ukraine, Lettland oder Aserbaidschan. Deutsch wird nur gesprochen, wenn die Kölner sich mit den Pragern unterhalten wollen. Deutscher Muttersprachler ist hier nur Uwe Grewert – und der spielt in einer tschechischen Mannschaft. Er absolviert gerade ein soziales Jahr in der jüdischen Gemeinde Prag.
Petr Wellemin hat auch zwei Mannschaften eingeladen, die keine jüdischen Spieler haben. »Ich bin der Meinung, daß es nicht gut ist, wenn die jüdische Gemeinschaft geschlossen ist. Wir sollten uns öffnen und etwa auch an den laufenden allgemeinen Sportereignissen teilnehmen«, sagt er. Wellemin würde gern die jüdische Sportgemeinde so aktiv sehen, wie sie es vor dem Krieg in der ersten Tschechischen Republik war. Aber vor allem die Jungen sind schwer zu gewinnen, sagt der Mittfünfziger. Volleyballmannschaften von Ha- koach gibt es nur in Prag und Brünn. In ganz Tschechien zählt der Sportverein nur 200 Mitglieder. Allein Makkabi Köln hat mehr als 300 Mitglieder, die meisten sind Kontingentflüchtlinge. Doch 200 seien nicht wenig, meint Petr Wellemin, wenn man bedenke, wie klein die jüdische Gemeinde insgesamt ist: Die Prager Gemeinde zählt 1.700 Mitglieder. Doch nur ein Teil davon beteiligt sich aktiv am Gemeindeleben.
Mit Sportveranstaltungen wie dieser will Wellemin zeigen, daß die jüdische Gemeinde mehr zu bieten hat als Gottesdienste. Das ist auch Harry Farkas wichtig: für einige seiner Kölner Mitspieler ist Makkabi der einzige Berührungspunkt mit der jüdischen Gemeinde. »Oft sind gerade die jüngeren nicht religiös. Dafür sind sie aber sportlich sehr aktiv. Mit den Sportvereinen von Makkabi sind sie leichter zu erreichen.«
Zum Gottesdienst in Prag am Freitagabend geht Harry Farkas dann auch alleine. Die anderen warten schon im Gemeindesaal auf ihn, wo sie gemeinsam mit den Hakoach-Spielern zum Abendessen eingeladen sind. Als Landesrabbiner Efraim Sidon zum Schabbatmahl Lieder anstimmt, können die meisten nicht mitsingen. Beim koscheren Rotwein lassen sich dann aber Gemeinsamkeiten mit den Hakoach-Spielern finden – etwa die Liebe zum Bridge. Ein Bridge-Turnier sollte eingeplant werden, wenn die Prager Volleyballer vielleicht schon im Herbst zu Gast in Köln sein werden, meint Bridge-Trainer Jakov Kats. Einer, der gern dabei sein möchte, ist Erik Kolan von der Jüdischen Jugendunion. Für ihn bedeuten gerade diese Treffen auch jüdisches Leben: »Es ist wichtig, die Juden aus anderen Städten und Ländern zu treffen, gerade weil die Gemeinden in Europa heute so klein sind. Und zu Deutschland hat niemand einen wirklich engen Kontakt aufgebaut. Ja, daran kann man arbeiten.«