So eng und klein hatte sich Nastya Sibirzeva die Wohnung der Franks nicht vorgestellt. Sie hatte in der Sonntagsschule das Tagebuch der Anne Frank gelesen und wollte sich nun die Räume genau anschauen. Gemeinsam mit acht anderen Jugendlichen, einer Betreuerin und Rabbiner William Wolff war die 14-Jährige zu einem 40-Stunden Trip mit dem Zug nach Ams-
terdam gefahren. Sie haben so viel gesehen, dass für sie kaum ein Wunsch offen blieb. Die Fahrt mit dem Rabbiner habe ihr sehr gut gefallen. »Wir konnten ihn so viel fragen über sein Leben und das Judentum.«
Für Ronny Rohde war das jüdische Museum das Faszinierendste. Mit 18 Jahren der älteste Jugendliche, interessierte ihn, wie aus einer alten Synagoge ein jüdisches Museum entstand, ohne dass der Gotteshauscharakter verloren ging. Den Stadtplan in der Hand assistierte er Rabbiner Wolff bei der Stadtbesichtigung. »Der Rabbiner sagte, wo wir als Nächstes hingehen, und ich schaute in der Karte nach, wie wir laufen mussten«, erzählt er.
Und der 82-jährige Landesrabbiner immer vorneweg. »Der Rebbe war fitter als wir alle zusammen«, sagt der Schüler anerkennend. Dass er auf dieser Fahrt und auch in der Gemeinde der älteste Jugendliche ist, macht ihm das nichts aus. »Besser als immer nur mit den Alten zusammenzusein«. Ronny besucht regelmäßig die Gottesdienste. In die Sonntagsschule kommt er nur ab und zu. »Weil die meisten doch jünger sind als ich.« Aber bei Festen und Reisen ist er dabei. Genau wie Nastya war er von der Idee, nach Amsterdam zu fahren, gleich begeistert und freut sich schon auf die nächste Reise. »Auch gern mit der Sonntagsschule«, sagen beide »und mit Rabbiner Wolff«. Heide Sobotka
Schwerin