ZWSt-Vorschulprojekt

Besuch aus dem Kanzleramt

Esther ist mächtig aufgeregt. Zusammen mit 20 anderen Kindern wartet das siebenjährige Mädchen am Dienstagnachmittag auf die Gäste aus dem Kanzleramt – und auf ihren Auftritt. Sie soll im Chor das Lied
»Sonnenkreis« singen, in Russisch, Deutsch und Hebräisch. Russisch ist ihre Muttersprache, im wahrsten Sinne des Wortes. Esthers Mutter stammt aus der ehemaligen Sowjetunion. Deutsch spricht die Zweitklässlerin aus Lichterfelde im Alltag. Und den hebräischen Liedtext hat sie im ZWSt-Treffpunkt Hatikva gelernt. Dort, in der Oranienburger Straße 31, nimmt sie zweimal wöchentlich die nachmittäglichen An-
gebote des Hatikva-Programms wahr. So wie 80 weitere Vor- und Grundschüler im Alter von vier bis acht Jahren.
Die Mehrsprachigkeit ist Prinzip bei Hatikva, dem Modellprojekt der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden. Unter anderem Musik, Ballett und bildende Kunst stehen auf dem Programm. Lesen und Schreiben zuerst muttersprachlich unterrichtet, dann in der Zweitsprache weiter entwickelt. Auch jüdische Inhalte werden vermittelt. Esther gefällt es, »besonders das Theaterspiel«.
Inzwischen ist der Besuch eingetroffen. Esther und die anderen Kinder begrüßen gemeinsam mit ZWSt-Direktor Beni Bloch und Projektleiterin Olga Lavut die Staatsministerin Hildegard Müller. Die überbringt von Angela Merkel nicht nur »ganz herzlich Grüße«, sondern auch einen Scheck über 10.000 Euro. Die Kanzlerin hatte im November vergangenen Jahres den Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden erhalten und dabei betont, dass sie dies »nicht nur als besondere Ehre, sondern auch als Verpflichtung« betrachte. Verpflichtung auch dafür, »nach Kräften das partnerschaftliche Verhältnis zur jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zu fördern«. Aus diesem Grunde habe sich die Kanzlerin nun dazu entschieden, das Preisgeld an diese Einrichtung weiterzugeben, sagt Müller. Als Anerkennung für ein Konzept, das überzeuge. »In ihrem Vorschulprojekt stärken sie das Selbstbewusststsein der Kinder. Das brauchen sie, wie alle anderen Kinder gleich welcher Herkunft, um in Schule, Ausbildung und Beruf Erfolg zu haben und ihren Platz in unserer Gesellschaft zu finden«, lobt die Staatsministerin.
Noch schnell ein Foto, dann geht es raus auf den Hof, wo sich Esther am Buffet ein wenig stärken kann – nach all der Aufregung. Alles ging glatt, keine Pannen, sie ist zufrieden. »Es war eigentlich ganz nett«, sagt sie und lächelt. Detlef D. Kauschke

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