von Benjamin Hammer
Ein für den 8. März geplantes Konzert des Liedermachers Konstantin Wecker in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) ist von der Kreisverwaltung abgesagt worden. Der Grund dafür war offenbar Druck der rechtsextremen NPD. Wecker wollte unter dem Motto »Nazis raus aus dieser Stadt« singen. Daraufhin schrieb die NPD einen Brief an den Landrat Henning Rühe (parteilos). Rühe sagte das in einem Gymnasium geplante Konzert bereits am 9. Fe- bruar ab. Ein neuer Ort für das Konzert wurde danach nicht gefunden.
In dem Brief zweifelte die NPD zunächst die parteipolitische Neutralität der Veranstaltung an. Dann drohte sie, »aktiv an der Veranstaltung teilzunehmen«, auch mit Blockaden. Außerdem wolle man »nationale Liedermacher« in öffentlichen Gebäuden auftreten lassen. Mit diesen Zeilen begründete Landrat Rühe seine Absage. Er habe befürchtet, die NPD könne vor Gericht eigene Konzerte in Schulen durchsetzen und sie damit zur Plattform ihrer Ideologie machen.
Politiker und Vertreter von Verbänden kritisierten die Entscheidung des Landrats. Claudia Roth, Vorsitzende der Grünen, nannte den Vorgang ein »verheerendes Signal«. »Wenn Rechtsextremisten die Muskeln spielen lassen, kuscht die Politik«, sagte Roth. Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte die Absage als »Bankrotterklärung der Politik«. »Die Entscheidung ist beschämend«, sagte der Generalsekretär Stephan J. Kramer. Statt sich im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten für die Durchführung des Konzerts einzusetzen, kapitulierten hier Kommunalpolitiker ohne Grund vor dem Druck der rechten Antidemokraten. Mit dieser Entschei- dung der Verantwortlichen würden alle zivilgesellschaftlichen Initiativen und das Engagement von Wecker gegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit verhöhnt. Auch der Präsident des Landtags in Sachsen-Anhalt, Adolf Spotka (CDU), äußerte Unverständnis.
Und die Menschen in Halberstadt? »Hier engagieren sich nicht viele gegen Rechtsextremismus«, sagte Yvonne Bosse der Jü- dischen Allgemeinen. Sie ist Geschäftsführerin des Kulturzentrums »Zora«, das das Wecker-Konzert veranstalten wollte. »Wir haben hier im Harz viele Probleme mit Neonazis und wollten etwas dagegen tun.« Die Absage des Konzerts sei ein Schlag ins Gesicht gewesen. Konstantin Wecker sagte Spiegel Online, er wolle statt dessen im Sommer zu einem Konzert nach Halberstadt kommen. »Vor denen einzuknicken, wäre doch traurig«, sagte der Musiker.
In Niedersachsen hat es einen ähnlichen Vorfall gegeben. Wie die Berliner »tageszeitung« berichtet, sollte in Auetal ein »Rock gegen Rechts«-Konzert stattfinden, weil es im Herbst in der Gegend Hakenkreuz-Schmierereien auf jüdischen Gräbern gegeben hatte. Die Bürgermeisterin der Gemeinde, Ursula Sapia, verbot das Konzert. Die »Ausrichtung« der Veranstaltung berge die »Gefahr einer möglichen rechten Gegenreaktion«. Mit dem Vorfall beschäftigt sich nun der niedersächsische Landtag.