von Wladimir Struminski
Ob er eine echte Wasserquelle oder eine Fata Morgana sieht, erfährt der Wüstenwanderer erst, wenn er sich der Erscheinung nähert. Nicht anders ist es um den israelisch-syrischen Frieden bestellt: Ob ein Ausgleich zwischen den beiden Feinden, über den dieser Tage spekuliert wird, eine reale Möglichkeit oder nur eine nahöstliche Luftspiegelung ist, muss sich erst zeigen.
Wie bekannt geworden ist, führen Jerusalem und Damaskus seit einem Jahr einen inoffiziellen Dialog, um die Möglichkeit direkter Friedensverhandlungen auszuloten. Als Vermittler dient dabei hauptsächlich die türkische Regierung. Bisher haben Israels Ministerpräsident Ehud Olmert und Syriens Staatspräsident Baschar al-Assad rund 20 Botschaften ausgetauscht. Greifbare Ergebnisse wurden bisher nicht erzielt. »Der Weg zum Frieden ist noch weit«, erklärte Anfang dieser Woche der türkische Außenminister Ali Babacan.
Ein Haupthindernis auf dem Weg zum Verhandlungstisch sind Vorbedingungen, die Olmert und Assad einander abverlangen. Israel fordert eine Einstellung der syrischen Hilfe für die Hisbollah und die Hamas sowie eine Zusicherung, dass sich Syrien aus der strategischen Allianz mit dem Iran löst. Dazu ist die Damaszener Führung nicht bereit. Das ist der große Unterschied zwischen dem heutigen Syrien und Ägypten unter Anwar al-Sadat. Der damalige ägyptische Präsident hatte das Bündnis mit der UdSSR bereits vor seinem Friedensangebot an Israel gelöst. Das machte ihn in den Augen der Israelis glaubwürdig. Demgegenüber löst das enge syrisch-iranische Verhältnis in Israel Ängste aus. »Wir werden den Golan nicht an den Iran zurückgeben«, brachte es Staatspräsident Shimon Peres vergangene Woche auf den Punkt.
Auch die syrische Atomallianz mit Nordkorea, durch die sich Damaskus anscheinend Nuklearwaffen verschaffen will (vgl. S. 4), lässt die Israelis Assads Friedensbeteuerungen mit Vorsicht genießen. Laut einer Umfrage glauben nur 26 Prozent aller Israelis und lediglich 20 Prozent aller israelischen Juden, dass Assad wirklich Frieden will. Selbst in Olmerts eigener Partei, Kadima, gibt es zahlreiche Skeptiker. In diese Kerbe schlägt auch die rechte Opposition. Eine Räumung der Golanhöhen, warnt der Fraktionsvorsitzende des Likud, Gideon Sa’ar, werde die »Achse des Bösen« stärken.
Umgekehrt verlangt der syrische Präsident noch vor Beginn der Gespräche eine formelle israelische Verpflichtung zur Räumung der 1967 eroberten Golanhöhen. Zwar behauptete Assad in einem Interview mit der katarischen Zeitung Al-Waten, Olmert habe grundsätzliche Rückzugsbereitschaft angedeutet, doch ist das dem Präsidenten aus Damaskus zu vage. Dabei spielt die syrische Innenpolitik eine große Rolle: Hardliner in der Damaszener Machtelite lehnen eine Aussöhnung mit Israel ab. Ein Frieden mit Israel, so der israelische Arabienexperte Guy Bechor, könnte sogar Assads Herrschaft gefährden. Deshalb muss Assad versuchen, sich wenigstens als der Sieger eines Kompromissfriedens zu zeigen – falls er denn wirklich Frieden will.