Auf Deutsch sprach Christian Ganczarski das letzte Wort, das einem Angeklagten zusteht. »Ich bin unschuldig«, versicherte der 42-Jährige den Mitgliedern des Pariser Schwurgerichtes mit fester Stimme. Danach zogen sich die Geschworenen zurück.
18 Jahre Haft lautet das Urteil, das die Richter verhängten. 18 Jahre wegen Mittäterschaft bei dem Anschlag auf die tunesische Ghriba-Synagoge, bei dem vor sieben Jahren 21 Menschen getötet wurden. 18 Jahre, weil Ganczarski nach Überzeugung des Gerichts durch ein Telefonat dem tunesischen Selbstmordattentäter Nizar Naouar den Befehl zum Mord gab.
Im Prozess hatte der deutsche Konvertit wiederholt beteuert, von dem geplanten Attentat nichts gewusst zu haben. Außerdem habe er sich bei den Opfern schon ausreichend entschuldigt – für eine Tat, die er weder begangen habe noch gutheißen könne.
Christian Ganczarski, der von seinen muslimischen Glaubensbrüdern Abu Ibrahim genannt wird, gab während des Prozesses jedoch drei Dinge zu: sich mehrmals in Afghanistan aufgehalten zu haben, den Attentäter Nizar Naouar dort kennengelernt und von ihm am Morgen des 11. April 2002, unmittelbar vor dem Anschlag, angerufen worden zu sein.
Der Inhalt des zweiminütigen Telefonats war neben einem Video aus dem Jahr 2000, das Ganczarski zusammen mit Al-Quaida-Chef Osama Bin Laden zeigt, das wichtigste Beweisstück der Anklage. Das vom deutschen Geheimdienst aufgezeichnete Gespräch stellte die herangezogenen Experten aufgrund seiner schlechten Qualität vor große Schwierigkeiten. In gebrochenem Arabisch und Englisch hört man Ganczarski und Naouar fromme Floskeln austauschen. Der Tunesier erbittet sich dabei von dem Deutschen eine »Da‹wa«, was im Arabischen sowohl Aufforderung als auch Gebet bedeuten kann. Ganczarski antwortet mit »Inch‹Allah«, »so Gott will«. Eine halbe Stunde später sprengt der 24-jährige Naouar einen mit Flüssiggas beladenen Lastwagen vor der Synagoge in die Luft und reißt 14 Deutsche, fünf Tunesier und zwei Franzosen mit in den Tod.
Ganczarski nahm das Urteil völlig regungslos auf. Im hart gegen den Terrorismus vorgehenden Frankreich hatte er wohl bereits mit einer langen Gefängnisstrafe gerechnet. Die Staatsanwaltschaft hatte 30 Jahre Haft gefordert.
Ganczarskis Verhaftung im Juni 2003 erfolgte nur ein paar Monate, nachdem er von den deutschen Behörden auf freien Fuß gesetzt werden musste. Der Bundesgerichtshof hatte den Telefonmitschnitt als unzureichendes Beweismittel erachtet.
Die Familien der Opfer reagierten auf das Urteil überwiegend mit Erleichterung. Die Anwältin der deutschen Klägerseite, Judith Adam-Caumeil, erklärt, ihre Mandanten seien zufrieden, »weil die Schuld anerkannt wurde.« Catherine Christaens, die ihren Vater verloren hat, stimmt zu: »Fünf Wochen lang haben alle Familien versucht, die Logik der Terroristen zu begreifen. Heute sind wir beruhigt, weil wir Gerechtigkeit erlangt haben.«
Ganz anders sah das dagegen Christian Ganczarskis Anwalt. Er nannte das Urteil »unlogisch« und »inakzeptabel«. Er wird wohl Berufung einlegen.
Djerba-Anschlag