von Christine Schmitt
Bunt soll ihre Puppe werden. Das hat sich Rachel Libon vorgenommen. Einen großen Kopf mit fröhlichen Augen soll sie bekommen und von der Statur etwa so groß werden wie die Israelin selber ist, so etwa eineinhalb Meter groß. Das Puppenbauen findet Rachel Libon »super«.
Für eine Woche waren sie und elf weitere geistig behinderte Erwachsene und drei ihrer Betreuer aus Israel nach Deutschland gekommen. Mit zwölf anderen geistig behinderten Menschen aus dem Rüdersdorfer Marienhaus bei Berlin bauten sie erst die Puppen und brachten anschließend ein nonverbales Theaterstück auf die Bühne.
Zu den Aufführungen in der Kulturbrauerei und am Hackeschen Markt kamen neben dem israelischen Kulturattaché Dan Golan auch jeweils etwa 50 Zuschauer. Die insgesamt 24 Akteure improvisierten gekonnt im Rampenlicht mit den Puppen, die ein bisschen verrückt – eben meschugge – sind. »Wenn unser Stück einen Titel hätte bekommen sollen, dann wäre ›Begegnungen‹ der treffendste Ausdruck«, meint Martin Teichmann, Leiter des Theaterprojektes und Sozialarbeiter im Rüdersdorfer Marienhaus der Stephanus-Stiftung.
Initiator dieses außergewöhnlichen Vorhabens war Jochen Schäfer, Leiter der Bildungsagentur international-friends-berlin. »Bei internationalen Begegnungen erleben unsere Teilnehmer andere Länder, Kulturen und Religionen hautnah«, so Schäfer. Das Verständnis füreinander solle so wachsen. Aber für erwachsene behinderte Menschen gäbe es viel zu wenig Angebote, meint Jochen Schäfer. Vor etwa einem Jahr hatte er die Idee, einen Austausch mit geistig behinderten Menschen zwischen Deutschland und Israel zu organisieren. Er bekam die finanzielle Un-
terstützung der Harald Bob-Stiftung und der Aktion
Mensch
zugesagt und fand Kooperationspartner in den Mitarbeitern des Marienhauses. Unter anderem in Fran-
ziska Wagner, die zuvor im israelischen Kfar Tikwa (hebr.: Dorf der Hoffnung) gearbeitet hatte. Sie fragte dort gleich nach, ob Interesse an einer Begegnung bestehe. In dem Dorf leben 200 behinderte Menschen im Alter von 18 bis 72 Jahren, von denen nun zwölf bei der Berlin-Reise dabei waren. »Der Alltag von Behinderten sieht oft sehr grau aus«, sagt Franziska Wagner. Deshalb sei es wichtig, ihnen mal etwas völlig Neues anzubieten.
»Als unsere Leute davon erfuhren, waren sie begeistert«, sagt Svetlana Labunets, Leiterin der israelischen Gruppe. Sie sollten schwarze Kleidung mitbringen und Puppen zusammen basteln. Und so seien eben nicht nur Sehenswürdigkeiten besucht worden, sondern es sei etwas Gemeinsames entstanden. »Der Abschied war dementsprechend nicht nur traurig, sondern sehr, sehr wehmütig«, sagt Sozialarbeiter Martin Teichmann. Denn alle hätten sich sehr gut verstanden – und hoffen, dass sie sich bald wiedersehen werden.