Olivenbäume

Baumschutz

von Wladimir Struminski

Sie kommen bei Nacht. Mit Sägen und Äxten machen sie sich über die Olivenbäume her. Zeit ist knapp. Deshalb werden die Äste nur angesägt, dann abgebrochen. Die Baumstämme bleiben in der Regel heil. Sie abzuholzen, würde zu lange dauern. Dennoch ist die Methode effizient. Am nächsten Morgen bietet sich den palästinensischen Bauern, denen der Hain gehört, ein Bild der Verwüstung. Dutzende, wenn nicht Hunderte von Bäumen sind beschädigt. Bis sie wieder Oliven tragen, vergehen Jahre.
Das Szenario hat sich schon oft wiederholt. In der vergangenen Woche fielen im Dorf Burin bei Nablus 50 Ölbäume den Vandalen zum Opfer. Anfang des Monats waren es in Tawana, in den südlichen Hebron-Bergen 120. Im vergangenen Jahr hat es Dutzende von Sabotageakten in Ölbaumhainen der West Bank gegeben. Gruppen radikaler Siedler aus benachbarten Siedlungen schwärmen immer wieder aus, um Ölbaumplantagen zu verwüsten. Nach Ermittlungen von Menschenrechtsgruppen waren im Jahr 2005 bei 29 Vorfällen 2.600 Bäume betroffen. Das Verteidigungsministerium spricht von 2.000 verwüsteten Bäumen innerhalb von neun Monaten. Die genaue Zahl kennt niemand. Eines ist aber klar: Die Täter gehen gegen Ölbäume bewußt und mit Bedacht vor.
Bei ihren Zerstörungszügen, sagt Mark Heller, Forschungsdirektor am Jaffee-Zentrum für Strategische Studien an der Universität Tel Aviv und Experte für den Nahostkonflikt, wollten die Täter nicht nur ökonomischen Schaden anrichten, wenngleich dieser für die betroffenen palästinensischen Familien enorm sei. Sondern zugleich gehe es um psychologische Kriegführung. »Das Ausreißen oder Zerstören eines Baums«, sagt Heller im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen, »kommt im Nahen Osten symbolisch der Vertreibung der Opfer von ihrem Boden gleich.« Der Ölbaum hat auch in der Religion besonderen Symbolwert und findet Erwähnung sowohl im Tanach als auch im Neuen Testament und im Koran.
Das verleiht der Provokation durch die Siedler eine zusätzliche Dimension und erklärt, warum die Ölbaumzerstörung zunehmend ins Visier der israelischen wie der internationalen Öffentlichkeit rückt. In den vergangenen Wochen wurde das Thema wiederholt von einheimischen wie ausländischen Medien aufgegriffen.
Bisher ist es den israelischen Sicherheitsbehörden nicht gelungen, den Saboteuren das Handwerk zu legen. Einer der offiziell angegebenen Gründe ist Personalmangel. Das bekam auch Kibbuznik Joel Marschak, der den palästinensischen Bauern in ihrem Kampf gegen die Zerstörer beisteht, zu hören. Als der Helfer beim zuständigen Polizeibezirk Judäa und Samaria mit der Forderung nach besserem Schutz der Haine vorstellig wurde, schlugen ihm die Beamten zynisch vor, er möge eine private Wachgesellschaft gründen.
Nachdem das Thema nun Schlagzeilen macht, wird sich möglicherweise etwas ändern. Unter dem Druck der Öffentlichkeit verurteilte die Regierungsspitze die Überfälle. Der kommissarische Ministerpräsident Ehud Olmert nannte sie »abscheulich«, Verteidigungsminister Schaul Mofas sprach von einem »Skandal«. Gleichzeitig beschloß das Kabinett, die Hainbesitzer finanziell zu entschädigen. Der Rechtsberater der Regierung, Meni Masus, mahnte, der Staat müsse die zum Kampf gegen den Siedlervandalismus erforderlichen Mittel bereitstellen. »Die Schuldigen«, fordert Masus, »müssen verfolgt und vor Gericht gestellt werden.« Der Minister für Innere Sicherheit, Gideon Esra, hat die Polizei angewiesen, mehr Beamte für den Schutz der Olivenhaine abzukommandieren. Zugleich haben die Polizei und der Sicherheitsdienst Schabak bessere Zusammen-
arbeit und intensivere Beobachtung extremistischer Siedlungen vereinbart. Aller-dings warnt Konfliktexperte Heller vor übertriebenen Hoffnungen. »Der Schabak und die Polizei haben viel Arbeit, und ihre wichtigste Aufgabe ist es Menschenleben zu retten.« Deshalb sei ein baldiges Ende des Abholzens nicht zu erwarten.

Flüchtlingshilfswerk

Israel verbietet UNRWA Arbeit auf seinem Staatsgebiet

Israel schränkt die Arbeit des UN-Hilfswerks für die Palästinenser nach Terrorvorwürfen massiv ein

 28.10.2024

Berlin

Schimon Stein: Jüdisches Leben in Deutschland bleibt bedroht

»Der Schutz des jüdischen Lebens ist zum deutschen Mantra geworden«, so der Ex-Botschafter

 23.10.2024

Schloss Meseberg

Scholz dankt Katar für Vermittlung im Nahost-Krieg

Das Emirat ist Vermittler, gilt aber auch als Terror-Finanzier

 23.10.2024

Nahost

Baerbock macht sich in Beirut Bild der Lage

Die Außenministerin warnt vor »völliger Destabilisierung« des Libanon

 23.10.2024

Nahost-Krieg

London schränkt Waffenexporte nach Israel ein

Staatssekretärin Anneliese Dodds spricht von einer Begehung mutmaßlicher Kriegsverbrechen

 23.10.2024

Video

Was Sinwar kurz vor dem Überfall auf Israel machte

Die israelischen Streitkräfte haben Videomaterial veröffentlicht, das Yahya Sinwar am Vorabend des Hamas-Überfalls am 7. Oktober 2023 zeigt

 20.10.2024

Gaza

100.000 Dollar für jede lebende Geisel

Der Unternehmer und ehemalige Sodastream-CEO Daniel Birnbaum hat den »guten Menschen in Gaza« ein Angebot gemacht

 20.10.2024 Aktualisiert

Feiertage

Chatima towa, oder was?

Was von Rosch Haschana über Jom Kippur bis Sukkot die korrekte Grußformel ist

von Rabbiner Yaacov Zinvirt  24.10.2024 Aktualisiert

Baden-Württemberg

Jüdisches Mosaik in Karlsruhe beschädigt

War es ein Unfall, Vandalismus oder eine gezielte Tat?

 15.10.2024