»Bahnhöfe sind die authentischen Orte«
Beate Klarsfeld
über die Ausstellung
»11.000 jüdische Kinder«
Frau Klarsfeld, die Bahn hat sich lange Zeit geweigert, die Ausstellung »11.000 jüdische Kinder« auf deutschen Bahnhöfen zu zeigen. Nach einem Gespräch des Generalsekretärs des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer, mit Bahnvertretern in der vergangenen Woche hieß es, eine Einigung sei erzielt worden. Zufrieden?
klarsfeld: Ich habe an diesem Treffen nicht teilgenommen. Aber nach dem, was ich hören und lesen konnte, will man sich zusammensetzen und eine Lösung finden. Wenn am Ende die Entscheidung steht, daß wir die Ausstellung auf Bahnhöfen zeigen können, sind wir damit einverstanden.
Worauf führen Sie den Sinneswandel bei der Bahn (DB) zurück?
klarsfeld: Ich nehme an, daß die Proteste der Initiative »Elftausend Kinder« dazu geführt haben. Aber auch das an alle Bundestagsabgeordnete gerichtete Schreiben des Zentralrats hat viel gebracht.
Die Bahn wollte die Ausstellung in ihrem Museum in Nürnberg zeigen. Warum ist es Ihnen so wichtig, daß die Bilder auch auf Bahnhöfen zu sehen ist?
klarsfeld: Wegen der Besucherzahl. Wir kommen an ein Publikum heran, das man in kein Museum und keine Ausstellungshalle bekommen kann. Und vor allem sind die Bahnhöfe die authentischen Orte. Wir haben es in Frankreich erlebt: Die Leute kamen in die Bahnhöfe, auf dem Weg von oder zu ihren Zügen. Und sie sahen dort die Bilder der Kinder, die dort vor sechzig Jahren – mehr oder weniger auf den gleichen Gleisen – deportiert wurden. Auch so kann man den Menschen den Holocaust nahebringen.
Die Ausstellung war bereits 2002 auf 18 Reisebahnhöfen in Frankreich zu sehen. Hat die SNCF, die französische Bahn, ein anderes Geschichtsverständnis als die Deutsche Bahn?
klarsfeld: Wir haben dort einen Vorsitzenden, Louis Gallois, der die Sache offensichtlich anders versteht. Er hat viele Ausstellungen selber eingeweiht. Dabei hat sich die SNCF viel weniger vorzuwerfen, als die Deutsche Reichsbahn. Aber sie hat auf deutschen Befehl ihre Züge abgestellt. Auf jeden Fall: Für Deutschland wollen wir eine eigene Ausstellung mit 180 Fotos zusammenstellen, die sich nur auf die in Deutschland und Österreich geborenen Kinder bezieht.
Mit der Mitinitiatorin der Ausstellung sprach Detlef David Kauschke.