Kriegsfolgen

Bäume unter Beschuß

Von Gil Yaron

Der scharfe Geruch von loderndem Feuer und verbranntem Holz liegt in der Luft. Im »Finger Galiläas«, der Gegend um die nordisraelische Stadt Metulla sind die einst grünen Berge schwarz gefärbt, von den dichten Wäldern sind nur dürre, verkohlte Baumstämme übrig, die an verbrauchte Streichhölzer erinnern. Im Krieg zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Hisbollah haben nicht nur die Menschen einen hohen Preis gezahlt, sondern auch die Umwelt.
»Mein ganzes Lebenswerk geht vor meinen Augen in Flammen auf«, klagt Förster Michael Weinberger vom Jüdischen Nationalfonds (JNF), der für die Aufforstung Israels verantwortlich ist. Mehr als 450 Einsätze fuhren die 120 Feuerwehrmänner, die Weinberger unterstehen. Viele von ihnen sind Freiwillige, die sich unter Einsatz ihres Lebens von ihren Schreibtischen in Jerusalem und Tel Aviv verabschiedet haben, um in Nordisrael die Bäume zu retten. So auch Adi Naali. Der Vater von vier Kindern arbeitet eigentlich in der JNF-Verwaltung in Jerusalem. »Keiner meiner Kollegen hat gezögert, seinen sicheren Arbeits- platz zu verlassen, um unseren Kollegen im Norden beizustehen«, erklärt Naali. »Wenn wir uns hier nicht einsetzen würden, wäre von den Wäldern heute nichts mehr übrig. Auch so wird es Jahrzehnte dauern, bis die Region sich von diesem Schlag erholt hat.«
Die Bilanz ist erschreckend: Mindestens 600.000 Bäume auf einer Fläche von rund 7.5 Millionen Quadratmetern Wald sind bisher abgebrannt. Jeder Raketeneinschlag löste im trockenen und heißen Sommerklima weitere Brände aus. »In der Gegend um Metulla verursachten zwei Raketen einen Brand, der allein 2,5 Millionen Quadratmeter Wald zerstörte. Das ist die Hälfte des Waldes, den wir hier in den letzten Jahrzehnten aufgeforstet haben«, so Weinberger. Israel ist dank großer Aufforstung das einzige Land der Erde, in dem zu Beginn des 21. Jahrhunderts mehr Wälder bestanden als vor 100 Jahren. Der JNF war auf ein solches massives Ausmaß der Brände nicht vorbereitet. Die Berufsfeuerwehr war damit beschäftigt, die Brände in den Städten zu löschen, so waren die JNF-Förster auf sich allein gestellt.
Besonders schmerzt der Verlust einmaliger Naturschutzgebiete wie des Urwalds auf dem Meron-Berg. »Mehr als 6 Millionen Quadratmeter Naturschutzgebiet sind bisher abgebrannt«, sagt Muschon Gabai von der Naturschutzparkbehörde. »Dabei kamen auch viele Tiere um. Besonders langsame Tiere wie Schlangen und Schildkröten fielen den massiven Bränden zum Opfer. An manchen Stellen haben wir aber auch die verkohlten Überreste von Rehen gefunden«, so Gabai.
Im vom Krieg betroffenen Gebiet befinden sich 250 Ortschaften, die hauptsächlich von Landwirtschaft leben. Dieser »Obstkorb« Israels erwirtschaftet jährlich rund 620 Millionen Euro. »Die Sommerernte von Pfirsichen, Pflaumen und Birnen haben wir verpaßt«, stellt Yigal Chen vom Landwirtschaftsministerium nüchtern fest. Das Obst vertrocknet. Die Weinlese wird dieses Jahr wahrscheinlich ebenfalls abgesagt werden müssen. Die Hühner und Rinder leiden unter dem Dauerstreß, den Raketeneinschläge und Artilleriesalven erzeugen. »Die Kühe geben kaum noch Milch, die Eierschalen sind fast durchsichtig. Die tägliche Produktion von rund 1,5 Millionen Eiern müssen wir vernichten«, so Chen.
Experten fürchten vor allem die Langzeitschäden, die die Großbrände verursachen. Schädlinge können sich nun leichter in den vom Feuer geschwächten Bäumen festsetzen. »Wir werden viele Bäume fällen müssen, bevor wir neue pflanzen«, sagt Weinberger. »Über Jahrzehnte haben wir mühsam einen fruchtbaren Boden aufgebaut. Jetzt werden wir jahrelang gegen die Erosion ankämpfen müssen«, schätzt Naali, der auf Hilfe aus dem Ausland hofft, um die Gegend wieder aufforsten zu können.
Im Norden Israels entspringt den Waldbränden für Förster Weinberger aber auch ein Funken Hoffnung: »Die Drusen, Christen, Muslime und Juden der Region haben begriffen, daß die Wälder uns allen gehören. Dies ist das erste Mal, daß Freiwil-
lige aller Bevölkerungsgruppen Schulter an Schulter mit uns zusammenarbeiten, um die Brände zu bekämpfen.«

Spenden: Jüdischer Nationalfonds KKL,
Stichwort »Wiederaufforstung«, SEB-Bank,
BLZ 500 101 11, Kto-Nr. 100 500 7001

Berlin

Bundesamt entscheidet wieder über Asylanträge aus Gaza

Seit Anfang 2024 hatte das BAMF nicht mehr über Asylanträge aus Gaza entschieden. Nun wurde der Bearbeitungsstopp laut Innenministerium aufgehoben

 18.07.2025

Syrien

Netanjahu will keine Regierungstruppen südlich von Damaskus

Nach Berichten über Massaker gegen die drusische Minderheit hat Israel eingegriffen

 17.07.2025

Bonn

Schoa-Überlebende und Cellistin Anita Lasker-Wallfisch wird 100

Sie war die »Cellistin von Auschwitz« - und später eine engagierte Zeitzeugin, die etwa vor Schülern über ihre Erlebnisse unter dem NS-Regime sprach. Jetzt feiert sie einen besonderen Geburtstag

von Leticia Witte  15.07.2025

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Genf

Türk verurteilt US-Sanktionen gegen Albanese

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, sprach von »Angriffen« und »Drohungen« gegen die umstrittene Italienerin

 10.07.2025

Der unter liberianischer Flagge fahrende Massengutfrachter "Eternity C" beim Untergang im Roten Meer am Mittwoch, den 9. Juli 2025.

Terror auf See

Tote nach Huthi-Angriff auf Handelsschiff

Die Huthi-Miliz im Jemen versenkt innerhalb von 24 Stunden zwei Schiffe auf dem Roten Meer

von Nicole Dreyfus  10.07.2025

Wien

Vor Treffen mit Sa’ar: Wadephul ermahnt Israel

Der Bundesaußenminister will sich weiter für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln einsetzen, verlangt aber bessere humanitäre Hilfe in Gaza

 10.07.2025

Gaza

Das Dilemma des Deals

Premier Benjamin Netanjahu hat das Weiße Haus ohne ein Freilassungsabkommen für die israelischen Geiseln verlassen. Die Verhandlungen gehen weiter

von Sabine Brandes  09.07.2025

Berlin

Bundestagspräsidentin will Angehörige israelischer Geiseln treffen

In dieser Woche sind Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln in Berlin. Am Dienstag kommt Bundestagspräsidentin Klöckner mit ihnen zusammen. Sie formuliert im Vorfeld klare Erwartungen

 07.07.2025